Sorte

Sie hatten wieder einmal zusammen ein Mahl zu sich genommen. Leckeres Gulasch vom Wild. Dieses Mal leicht süßsauer, auf jeden Fall lecker. Herr Nipp hatte, wohl auch wegen der Tatsache, dass er kein Mittagessen gehabt hatte, eine zweite Portion genommen, eine dritte. Als Beilage Backofenkartoffeln. „Was ist das eigentlich für ein Wild?“ „Auf jeden Fall ist es lecker.““Vielleicht ist es gar nicht so wichtig.“ „Sika“ „Ist ja schon etwas anders als Reh.“ „Ach, du hättest es unterscheiden können, einfach so?“ „Ah ne, ich hätte nicht sagen können, was es ist, aber Reh schmeckt eben doch anders.“ „Hm, der Wein ist lecker.“ „Negro Amaro.“ Das Gespräch plätschert vor sich hin. Ein merh als zufriedener Abend. Ja, Herr Cheng aus dem Kaurismäkki-Film hat Recht. Essen kann heilen. Irgendwann ist die ganze Schüssel leer und einige Flaschen Wein auch und irgendwie sehen sie alle sehr glücklich aus. Da steht Herr Nipp ganz unvermittelt auf, holt seine dicke Jacke und die Mütze und meint; „Ist doch eigentlich egal, wie spät es jetzt ist, aber lasst uns einen Spaziergang machen. Durch die Nacht, das machen wir viel zu selten seit Corona.“ Und alle drei anderen stehen unvermittelt auf. Und so gehen sie ziellos durch die Stadt und treffen auf weitere Gruppen von Menschen, denen es wohl genauso geht. Einfach an die Luft, die kalte Luft, Verdauen, egal welche Sorte Wild es war.

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Horte

Ist es nicht so, dass sich in den Schubladen seiner Schränke immer wieder kleine Schätze finden, die längst vergessen plötzlich zu Erkenntnissen führen, ihn jubeln lassen? Und wenn er zählte, würde er erkennen, dass es genug Schubladen sind.

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Worte

Er hat es zu spät bemerkt. Zu spät ist ihm aufgefallen, dass der Kommentar, kaum gedacht, auch schon ausgesprochen war. Manchmal hat er keine Grenzen, vielleicht hat er sie auch aufgegeben. Das kann dann schon mal verletzend wirken, ist aber gar nicht so gemeint. Nun ja, die Menschen, die ihn kennen und auch noch mögen – und das sind vielleicht weniger, als man so denkt – wissen ja, wie er ist. Schnell aufbrausend, ohne das wirklich so zu meinen und im nächsten Moment hat er schon vergessen, worum es eignetlich ging und warum er sich aufgeregt hatte. Sein Vater meinte damals irgendwann, er sei eine „Chuttfurt“ oder Gutfurt, man könne ihm in den Hintern treten, er drehe sich völlig empört um, nur um den hinter ihm Stehenden dann doch freundlich zu begrüßen und vergessen zu haben, was vorgefallen war.

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Torte

Alle paar Monate einmal schneit er herein. Schreibt kurz vorher, er habe Zeit, ob auch Herr Nipp sich vorstellen könne, den Tagesablauf oder seine Planung kurz zu unterbrechen. Natürlich weiß dieser, dass es niemals ein kurzer Besuch war, dass es immer einige Stunden sind. Aber jedes Mal schmeißt er alles um, richtet sich nach diesem alten Freund, einfach weil er sich freut, dass dieser mal wieder Zeit hat in seiner Welt der kommissarischen Akte. Die Gespräche sind anstrengend, aber nicht angestrengt. Die Themen werden hart und ehrlich besprochen. Herr Nipp weiß nie, welche Funktion er selber dabei eigentlich hat, aber der Freund möchte klare Worte hören, ohne Geschwurbel und Beschönigung. Vielleicht hilft dem Gegenüber dies bei seiner Sicht auf die Dinge. Meistens trinken sie dabei einen oder zwei Kaffee (oder heißt es Kaffees oder Kaffanten?) und essen ein Stück Kuchen. Dieses Mal hat Herr Nipp Sahnetorte besorgt, um genau zu sein Käsesahne. Das erinnert ihn immer an die Geburtstagsfeiern und besonderen Festtage bei seine Oma. Da gab es immer die drei Standardtorten. Hanchen Jansen, Käsesahne und Schwarzwälder Kirsch. Lecker, da musste man sich beeilen, wenn man von allen etwas mithaben wollte. Herr Nipp als Junge war schnell im Essen. Sandwichkinder wissen, warum. Auch an diesem Nachmittag hat er als Erster seine Portion vertilgt, schnell wohl, aber mit viel Genuss. Sein Gegenüber schaut ihn an und grinst. „Das mag ich unter anderem an dir. Du verstellst dich nicht, da kann ich einfach ich sein.“

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Orte

…und warum er gerade an diesen einen Ort zurück kommt? Er kann es sich selbst nicht erklären. Da ist eine Sehnsucht, ein gewisses Heimkommen ohne Heim. Er sitzt dann eine gewisse Zeit in aller Stille, hört das Gluckern des Baches, welches die Ruhe nur unterstreicht, guckt in die abgeholzte Mittelgebirgslandschaft, idyllfrei, und sieht wenig. Vielleicht einmal ein einsamer Vogel, der sich fast erschrocken hierher verirrt hat, selten ein Reh auf der Suche nach karger Äsung. Herr Nipp wartet aus das Dunkel, wird sich irgendwann die kalten Hände reiben und aufstehen. Es ist nichts passiert, aber der Blutdruck unten und manchmal überkommt ihn ein unerklärliches Lachen.

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