Weinerlich

Auf der Gartenbank, die er sich im vergangenen Jahr vor allem aus Holzresten gebaut hatte, liest Herr Nipp ganz gerne in der letzten Zeit. In der Coronazeit hatten seine Augen doch sehr nachgelassen, vielleicht weil er viele Stunden vor dem Bildschirm verbringen musste, um im Homeoffice zu arbeiten. Heimarbeit sagt ja niemand mehr, das klingt zu sehr nach Fertigung von einfachen technischen Produkten auf unterstem Wissens- oder Ausbildungsniveau. Heute heißt es dann eben Homeoffice – und schon hat das mehr oder weniger eintönige Arbeiten am Rechner einen irgendwie großstädtischen Klang. Das Nachlassen der Sehkraft allerdings hat eher etwas mit dem zunehmenden Alter zu tun, dessen ist er sich inzwischen durchaus bewusst. Nun war er vor kurzem auf einer Veranstaltung des örtlichen Literaturclubs, der auch nicht Club heißt. sondern etwas hochtrabend „Literarische Gesellschaft“ und musste sich als Nichtmehrleser outen, was zu allgemeinem Gemurmel führte und vor allem dazu, dass ihm von allem Seiten unglaublich viele Tipps angetragen wurden. Angefangen vom Tragen einer bequemen Brille oder wahlweise Kontaktlinsen bis hin zu Hörbüchern, wenn denn die Augen wirklich so schwach geworden seien. Nein, nein, er habe einfach derzeit keine Lust am Lesen. Na denn, dann müsse er eben interessante Bücher lesen, solche Schmöker, so dass er wieder hereinkomme. Jetzt hatte er sich also ein solches Buch schenken lassen. Er hatte sich auch noch hereinfallenlassen. Er hatte sich richtiggehend auf den Stoff eingelassen. Einen Sonnenbrand gab es gratis dazu. Und an einer Stelle waren bei ihm sogar die Tränen geflaossen, vor Rührung, vor Mitgefühl mit einer Nebenfigur. Und er hatte erkannt, warum er eigentlich nicht mehr liest: Im beginnenden Alter wird der Mensch weinerlicher und kann nicht verbergen, dass das Bewusstsein für das Vergehen der Zeit zur Trauer über die verlorene Jugend führt.

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Frage

„Du hast dich geirrt und dich darüber geärgert, kann das so gesagt werden?“ Herr Nipp sitzt bei einem Freund uns hört ihm zu, schweigend. Die Frage ist der letzte Satz in dessen neuem Roman, der demnächst veröffentlich werden soll. Aber ein Roman, der mit einer Frage endet, muss der nicht fast zwangsläufig eine Fortsetzung einfordern? Zieht nicht jede Frage nicht eine Antwort, sondern letztlich eine weitere Frage nach sich? Diese Frage turnt ihm durch die Synapsen. Ist dann nicht jede Fremdbefragung eine verkappte, sprich getarnte Selbstbefragung, nein, sogar eine Selbstinfragestellung? Er schweigt, kann nichts sagen, ein graues, ein farbiges Rauschen im Kopf, kein Weißes Rauschen, es stehen immer wieder farbige Töne daraus hervor. Nichts ist gleichwertig. Herr Nipp schaut den Freund lange an. sehr lange, und irgendwann steht er auf, nimmt seine Jacke vom Stuhl und zieht sie an. Langsam, fast behutsam. Der Freund betrachtet ihn dabei, wissend. Er verabschiedet sich. Warm und herzlich. Zwei Freunde, die sich seit Jahrzehnten kennen. Beide lächeln sich wissend an. “Ich muss jetzt allein sein. Du verstehst das.“ Nachdenken. “Sehen wir uns morgen?“

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Jed Er

Emphatisch und sehr aufmerksam
hilfsbereit ist er bescheiden
nervös mit Sinn für Humor

Gutes Menschenverständnis
übernimmt er Verantwortung
sensibel manchmal

intensive Umgebungswahrnehmung
selbstsicher nennt er seine Meinung
Realist, Familienmensch

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Pause

Wie jedes Jahr: auch 2023 wird Herr Nipp pausieren. Erst am 01.06. werden neue Texte veröffentlicht. Bitte bis dahin die alten Texte noch einmal lesen.

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Goldener Schnitt

Herr Nipp hat eine Scheibe Brot geschnitten. Golden leuchtet ihm das Gebäck entgegen. Das hat nebenbei bemerkt nichts mit dem goldenen Schnitt zu tun.

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