Gedichte

Sein

Wo du eben hingesunken
da liegst du wie ein Stein
denn heute bist du zu betrunken
von Bier und Schnaps und trocknem Wein

Du wirst keiner Bett mehr teilen
das ist den schönen Frauen klar
du wirst vor Ort, ja, hier verweilen
denn du schläfst auf der harten Bar

wo alles tanzt und schmerzt dich
du kannst es kaum verstehn
und wenn der neue Tag dich weckt

die schweren Worte dieser Nachrich-
ten werden dir nicht mehr vergehn
sie haben deinen Geist geschreckt

morgens

Blicke über den Brillenrand
und Fragen über die Zukunft
Löffel für Löffel verschwindet Müsli
zwischen den Zeilen des Gesprächs

Organisation des Tages
jeder Sache eine Struktur
und nicht zu vergessen
ein Pausenbrot

 

Überwachung

Kernbereich privater Lebensgestaltung
wie wird er angegangen
wie aber geschützt
an welcher Stelle Grenzen
zu ziehen sind
und
wo sich jemand
in die Öffentlichkeit stellt

es darf nicht alles nutzbar sein
sonst geht Vertrauen verloren
auch das ist Respekt
vor dem Einzelnen
vor dem Ganzen
wenn es anders wird
beginnt Diktatur

Täter

Durch Hass befeuerte Gewalt
offensichtliche Verrohung von Horden
radikale Unverrückbarkeit
Verrücktheit
Bilder voll Widerwärtigkeit
militanter Stumpfsinn

kaschierte Problemzonen
dieser Republik

 

Kissen

Die weichen Kissen
die gestern noch haufenweise
aus Spaß geschmissen
Liegen nun ganz leise

in diesem Bett
lassen sich verdrehen
zu Ballen ganz nett
werden mit Schlaf versehen

Weiche Decke über den Beinen
wärmt einen trägen Traum
verhüllt die träumenden Kleinen
sie spüren es doch kaum

Alleinsam

und wieder eine Woche vergangen
der hoffnungsvollen Einsamkeit
die das Recht beansprucht
jenen Keim zu finden
der erwachen kann
und wachsen
und wieder war die Woche
voll der Leere
des Besinnens
die sich wie Gummi zog
vorüber
ungenutzt

Buch

Sie hatte gehofft
das werde ein Gedichtbuch
mit einfachen Versen
die eingedampft widersprächen
dem wortgewaltigen Plätschern
dem weißen Rauschen der Floskeln
und wusste mit einer Geste
Mut zu machen
zu diesen Worten

Smalltalk

Alle haben geredet
meist nutzloses Zeug
dabei ein Augenblick
ein Zwinkern
die ausgestreckte Hand
auf dem Arm
eine Geste oder Mimik
soviel mehr zu sagen hatte

 

Spiel

Die Wörter sind Zeugen
der Freude
des Spiels
dass ich treibe mit ihnen
weniger Ergebnisse der Reflexion
als ein Fließen
das mehr beherrscht
als beherrscht zu werden
wo ich nichts weiß
kann ich finden
wo sie nichts wissen
können sie beginnen

 

Chiffren

Dem Wort an sich
eine Huldigung bringenob Hymne oder Elegie
egal
es aber sehen
als Verbindung
als Schlüssel
zu jener Welt

Systematik

wo die Ewigkeit beginnt
und wie sie endet
unser Begreifen
ohne aus der Gefängniszelle
ohne aus dem System
ausbrechen zu können

würde das gelingn
könnten wie vielleicht
erkennen
alles ist ein kleiner Ausschnittein vage Möglichkeit
in einem perfektem System

Zwischenwelt

Im Bett liegen
den eigenen Wandschatten
sich selbst erschrecken
lassen
jetzt abtauchen können
in Schlaf
und
Unendlichkeit

War es

der Gewissheit sicher
einst die Möglichkeit
gehabt zu haben
noch einmal ihre Augen
noch einmal ihren Körper
zumindest das
für mich gehabt zu haben

 

Transzendenz

das Gegenüber ablenken
von seinem Sein
Zustand lösen
gegen die Realität
aufleben lassen
Realität umlenken
über ihre Wahrnehmung
als Versprechen
an das Gegenüber

Altes Haus

ganz bewusst provozieren
Licht ins Dunkel bringen
in jenes Dunkel
das kein Licht will
in jene Menschen die einfach
so leben
ohne einen Gedanken
an die Heilkraft der Sonne
in ihrem Moderschatten
der Vergangenheitskeller

Krankheit

süchtig nach Wörtern
krank werden an ihren Wendungen
aufmerksam das Innere erkennen
an ihnen weiden
eine Fläche finden
eine Verankerung in der Zeit
und letztlich
unabsichtlich
mehr als suchtmittel
eine Form der Nahrung
die länger hält