Ja und nein

Ja, Texte sollten mit einer postiven Aussage beginnen. Ja, immer. Wer mag schon solche lesen, die sich negativ in das Tagesgeschehen schieben. Ist es nicht viel besser, wenn zu lesende Texte die Realität ausblenden? Herr Nipp ist sich sicher, sicherlich gibt es dem Leser lebensbejahender Wortkonglomerate ein gutes Gefühl, sich bestätigt zu sehen, statt mit den immer gleichen abschätzigen Betrachtungen dieses Weltenmolochs heruntergeholt zu werden. Ausgehend von der Hypothese, dass das Zusagende niemals ins Gegenteil drehen kann, , abgesehen von grundsätzlich bejahenden religiösen oder politischen Texten, die auch mal gerne ins Gegenteil verdreht werden, natürlich aus ideologischen Gründen, hat er sich also dafür entschieden, alles, aber auch wirklich alles im Sinne von ALLES, positiv zu beschreiben. Niemals, auf keinen Fall nicht, wird er mit einer doppelten Verneinung oder einem Konjunktiv beginnen, auch wenn dies vielleicht literarisch anspruchsvoller sein könnte. Anstatt „Es ist nicht auszuschließen, dass der Mensch nichts Böses im Sinn hat.“ hieße es dann “Der Mensch hat gutes im Sinn.“. Er legt das Blatt zur Seite und denkt von sich ganz unbemerkt laut: “Nein, es passt nicht zu mir, nichts mehr den Umständen abzuringen. Ich darf die Texte auch weiterhin der Befragung entziehen.“ Denn wenn auch das Denken eine Zusage an die Realität darstellt, kann es nicht keine grundsätzliche Infragestellung beinhalten.

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Container

Er kann einfach nicht anders, es ist wie ein Zwang, jedes Mal wenn er einen Container irgendwo in der Straße, in Einfahrten und Eingängen stehen sieht, muss er herantreten, muss hineinschauen. Was könnte er dort wohl finden? Vielleicht sind es ja Möbel, die jemand entsorgen möchte, auch noch aus den sechziger Jahren, die gut zu seiner Einrichtung passen, vielleicht findet sich auch irgendeine Leuchte dort, die eigentlich ein echter Klassiker ist und von der der bisherige Besitzer annimmt, sie sein Schrott. Meistens aber entdeckt er nur Bauschutt, selten mal eine spannende Kachel oder Fliese, auch mal eine Tür aus den zwanziger Jahren mit Klinke vielleicht, die er ausbauen kann. Es lohnt sich eigentlich nicht, in die Container zu schauen, es lohnt sich meistens auch nicht, sich darin dreckig zu machen. Meistens. Schon drei Mal hat er Bilder gefunden, die er wertig verkaufen konnte, mehrfach schon Schränke, die nur aufpoliert werden mussten. Er hat dort Jugendstilfliesen entdeckt, die heute wieder hergestellt werden, zu immensen Preisen. Aber was ihn vor allem an dieser Form des Containerns reizt ist der Reiz an sich.

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Haare

Früher einmal, das ist inzwischen auch gut 28 Jahre her, da hatte auch Herr Nipp Haare. Immer weniger wurden es im Lauf der Zeit. Und sein Haupt ziert inzwischen eine ausgewachsene Glatze. Da geht es ihm wie Afrika. Die Wüsten dort werden auch jährlich größer und offenbar lässt sich nichts dagegen tun. Ja, als es anfing, hatte er auch noch den Wahn, mit irgendwelchen Wässerchen dagegen anzukommen, aber es half nichts, die Geheimratsecken wurden größer. Flächenbrände. Der Urwald auf dem Schädel lichtete sich wie jener in Brasilien. Irgendwann konnte er es nicht mehr aushalten und ließ sich die langen Haare schneiden, zunächst vom Friseur, dann mit dem Bartschneider von seiner damaligen Lebenspartnerin, irgendwann konnte er das auch gut allein machen. Jetzt dauert es noch gerade mal sieben Minuten, bis das Wunderwerk des Nullhaarschnitts vollbracht ist. Nur manchmal, wenn er Jungspunte mit ihren tollen Mähnen sieht, wird er ein wenig neidisch, doch niemals lange, denn er weiß immer noch, wieviel Aufwand es war, jeden Morgen die Pracht zu pflegen.

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Weiter weiter

Nein, nicht schon wieder, denkt er. Das darf doch nicht wahr sein, da will er doch einfach nur simpelste Informationen aus dem Netz saugen und dann muss er all diese Fragen über sich ergehen lassen. Er muss zustimmen und erst dann kommt der eigentliche Teil seiner Arbeit, erst dann kann er seine Texte lesen, die Inhalte herausfiltern, die er benötigt. Wieviele Stunden hat er in seinem Leben inzwischen mit diesen Fragen und Antworten, mit den Passwörtern und Zustimmungen vergeudet! Er möchte es lieber nicht wissen, es ist auch egal, denn die meisten Stunden hat er bei seiner anstrengenden Arbeit damit vergeudet, dass er versucht hat, letztlich erfolglos gegen seine andauernde Müdigkeit anzukämpfen. Und auch an diesem Tag wird er wohl irgendwann wieder vor dem Bildschirm einnicken.

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wiesend

Da unten tummeln sich sechs Hirsche. Alte und Junge. Herr Nipp schaut ihnen beim Äsen zu, das beruhigt ihn. Der Herzschlag geht nach und nach zurück. Alle Sorgen verblassen. Bald wird er einschlafen und wenn er wieder wach wird, dann sind die Hirsche schon lange nicht mehr da.

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