Kerze

Nicht viel ist geblieben von dieser Kerze auf dem Tisch, ein Gerüst aus grauem Wachs, das sich in Schichten auf dem Tisch aufegebaut hat. Herr Nipp lächelt versonnen. Ja, das hat sich gelohnt, für diesem nächtlichen Besuch diese Kerze zu opfern, die zum Wein und den Diskursen geflackert hatte.

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Schnee

Er fiel vom Himmel am 1. April,
das war kein Scherz.
Die frischen Blätter fingen ihn und Äste brachen,
das war nicht schön.
Auch die Magnolie verlor so einige Äste
mit ihren großen Blüten.
Kein schöner Anblick!


Die Blüten in Schnee gehüllt.
Ob es wohl dieses Jahr Pflaumen geben würde?

Aber trotzdem dieser Genuss,
mal wieder durch den Schnee zu gehen.

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Kurzbesuch

„Hallo!“, ruft es zur Tür herein. „Ja, hallo!“, ruft er zurück. Die Tür schließt sich wieder mit einem kräftigen Ruck.

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Perspektivwechsel

„…was wäre eigentlich“, denkt sich Herr Nipp im frühmorgendlichen Susa des Aufwachens, halb noch in die nächtlichen Träume verstrickt, „wenn sich der Erzähler plötzlich entschiede, die Seiten zu wechseln?“ Ganz kurz bin ich noch eingeschlafen, dachte eigentlich die Augen nur für Momente zu schließen und plötzlich ist es draußen gar nicht mehr dunkel. Der Aprilschnee dieses Jahres leuchtet, man könnte glatt Weihnachten feiern, dabei ist bald Ostern und sofort habe ich dieses blöde Kinderlied in den Ohren und summe „Kommt raus, kommt raus, kommt alle aus dem Haus, die Welt, die Welt sieht wie gepudert aus…“ und habe eine verdammt gute Laune dabei. Der Hund liegt da und schaut mich aus seinen oder besser ihren, denn er ist eine sie, wohlwollenden Augen an, ohne den Kopf zu heben, weiß wohl auch, dass es noch einige Minuten dauert, bis ich denn fertig bin und zum ersten Sonntagsspaziergang aufbrechen kann. Aus dem Bett hüpfend falle ich fast über die gestern achtlos weggeworfenen Kleidungsstücke. Es war wirklich eilig, die Augen fielen zu und es schien keine Möglichkeit zu geben, noch länger wach zu bleiben, die letzte Runde mit dem Hund war gedreht, es war für diese Jahreszeit viel zu kalt und der Körper wie Geist sehnte sich nach Wärme und Schlaf. So stolpernd das Bad zum Duschen zu erreichen, kann auch nur mir passieren, glücklicherweise liegen Schlafplatz und Bad nur durch den schmalen Flur getrennt sich direkt gegenüber. Klamotten vom Leib gezogen, heißes Wasser an und die Hitze genießen, allerdings mit etwas schlechtem Gewissen, dass sei an dieser Stelle zugegeben, denn wir sollen ja aus rein demokratischem Idealismus zu Ernergiesparern werden, komme, was da solle. „Nein“, denk ich bei mir, „das wäre nicht so gut, alles Erzählen würde wohl zu intim werden, man stelle sich nur vor, wenn ich gleich auch noch darüber berichte, wie und wo ich mich dusche und das Stück Seife am Körper entlanggleiten lasse, dann fragen sich die Leser bestimmt, warum denn ein Stück Seife und kein Duschgel und dann müsste ich das erklären. Nein, darauf kann ich wirklich verzichten.“ Herr Nipp trocknet sich ab, zieht sich warm an und da steht auch schon der schwarze Hund, der eine Hündin ist, den oder besser die er für einige Tage übernommen hat, vor der Tür und wartet darauf, dass es endlich losgeht.

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Aussichten

„Die Frage muss wohl gestellt werden, naja, vielleicht lohnt es sich in Zeiten wie diesen zumindest, ernsthaft darüber nachzudenken. Denn seien wir ehrlich, der Friede ist nur ein scheinbarer. Unter der trügerisch spiegelglatten Oberfläche wüten Kämpfe.“ Herr Nipp lehnt sich zurück, liest den Zeitungsartikel noch einmal, glaubt versatanden zu haben und shcraubt sich den Rest mit jeweils kleinen Pausen ins Hirn. Auch er kennt diesen Krieg, der nicht mit Waffen geführt wird. Nennen wir ihn mal weniger hochgehängt Kulturkampf. Niemand steht festgewurzelt auf der einen oder anderen Seite, es gibt kein schwarz, kein weiß, kein gut und böse, das wäre so einfach, das wäre zu einfach. Du weißt nicht, was das Gegenüber denkt, wie es es handelt. Von außen betrachtet scheinen die Fronten verhärtet. Verbrennermotoren gegen elektromobilität, jugendliche Klima- und Umweltaktivisten gegen die bekannten alten Sünder, die alles verbockt haben? Menschen, die ihre Sprache so benutzen, so wie sie es gewohnt sind, ohne sich Gedanken über Klassismus, Rassismus, Homophobie und Geschlechtergleichheit zu machen und die neuen Sprachregulierer, die lieber die Sprache gendergerecht gestalten würden und am liebsten gleich einige Wörter völlig löschten? LGBT*+ gegen die althergebrachten Geschlechter mit Heterobeziehungen? Einehe gegen Polyamorie? Querdenker gegen die Stimmen der Wissenschaft? Putinversteher gegen Putinverächter? Die Themen sind unüberschaubar und immer ein gefundenes Fressen für die rechten und linken Populisten. Die Scharmützel sind heftig, Fronten versinken im Schlamm, die verbale Kriegsmaschinerie ist festgefahren. Eine Gesellschaft reibt sich auf, so scheint es. Herr Nipp sieht das völlig anders. Für ihn ist dieser Kampf ein Zeichen für funktionierende Demokratie. Solange gesprochen wird, schweigen die Waffen. Er gehört mal, und zwar in Teilaspekten, auf die eine, mal auf jene Seite, entscheidend für ihn die guten Argumente und manchmal ist er gleichzeitig auf beiden Seiten. Das mag andere vielleicht irritieren, trägt aber letztlich ein gutes Stück zu seinem Glück bei.

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