Verdauen

Herr Nipp kommt sich beizeiten alt vor, eigentlich sogar immer, aber das mag er sich nicht oder kaum zugestehen. Vor allem wenn er irgendwo sitzt und jungpubatären Wesen zuschaut, die der Meinung sind, dass sie ach wie erwachsen seien und sich ausprobieren. Die beiden Jungs da etwa,der eine fast kleinwüchsig mit hinterhältigen Grinsen im etwas schief sitzenden Gesicht. Braune Haare, fast noch straßenköterblond, man möchte sagen, eine Farbe, die irgendwann übertönt werden wird. Der andere hat Löckchen, in ihn irgendwie in Richtung Atze Schröder rücken. Die beiden nerven offensichtlich alle Anwesenden und giggeln dann hinter vorgehaltener Hand. Huh, denkt Herr Nipp, mit denen hätte ich früher nie etwas zu tun haben wollen. Und heute auch nicht. Tags zuvor hatte er einen Artikel gelesen,in dem berichtet wurde, dass Gehirn und Verdauungstrakt ähnlich funktionieren. Bei den beiden Jungs ist er sich nicht sicher, ob sie den ihren nicht vielleicht im Kopf haben.

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2.

Kaum jemand macht sich Gedanken, denkt Herr Nipp spöttisch, über den zweiten Januar und es hätte wirklich etwas Heftiges passieren müssen, würde auch nur irgendjemandem dieses Datum des letzten Jahres in irgendeiner Weise in Erinnerung geblieben sein.

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Neujahrs – Worte

Das hat er mal wieder gemerkt. Ein unbedachtes Wort wird irgendwen irgendwann verletzen. Aber verletzen die bedachten Wörter nicht noch viel mehr? Muss er wie in 1984 zu einem Neusprech wechseln, das alles Geschehene verklausuliert oder vergessen macht, damit niemand auch nur im Leistesten einen Anstoß nehmen könnte oder sollte er jedesmal aussprechen, dass hier niemand Bestimmtes gemeint ist oder gemeint sein soll? Worte haben einfach Bedeutungen, daran kann er nichts ändern, aber letztlich, denkt Herr Nipp, kann er nicht jegliche Bedeutungsebene wissen, die sie für andere haben, nicht alles, was andere in sie hineindenken oder unterstellen. Also wird er sich weiterhin bemühen, das zu sagen, was er denkt und darauf hoffen, dass all die Verletzten und all jene, die gerne gemeint sein möchten und dann um so verletzter tun, ihm sein Sein und die Worte verzeihen werden. Hey, lacht doch einfach mal über das Geschriebene oder schüttelt wenigstens den Kopf. Vielleicht ist das ja ein guter Neujahrswunsch. So mal ganz wörtlich gesprochen.

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Schlechte Witze

Die meisten Witze, die an Theken erzählt werden, sind genauso schlecht, wie diejenigen aus dem sonstigen Alltag. Die Leute in der Kneipe sind dem Erzähler aber freundlicher gesinnt und lachen deshalb trotzdem.

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Augenblicke manchmal

Während er so da auf seinem Platz sitzt, ist ihm völlig entgangen, dass er begonnen hat zu träumen. Ein Tagtraum, mehr nicht, es gibt diese Fähigkeit im Wachzustand, als Kind war es ihm häufig so gegangen, dann wurde er ermahnt, von den Eltern gerne, schlimmer war es allerdings in der Schule, wenn die Lehrer sehr erbost waren, dass er nicht reagierte. Für einige Momente schwebte er dann in völlig anderen Sphären; andere Welten oder deren Zusammenhänge verstand er dann und die Landung aus diesen Zuständen ist immer noch hart. Bis heute, dann reagiert er barsch manchmal, auf jeden Fall aber mit gnadenloser Ehrlichkeit. Er stiert sozusagen in die Menschenmenge, die dort sitzt und hat wohl, ohne es zu wissen, ohne es wissen zu können, Blickkontakt aufgebaut. Mit einer fremden Person. Das gehört sich in dieser Zeit nicht, vielleicht war das sogar noch nie statthaft. Eigentlich ist die Vorstellung ja sehr schön, jemanden anzusehen, ohne ihn oder sie überhaupt wahrzunehmen. Die andere Person steht auf, geht auf ihn zu. Herr Nipp reagiert nicht, ist weiter in seinem außergewöhnlichen Zustand gefangen. „Was starren Sie mich so an? Stimmt etwas mit ihnen nicht?“ Wie durch einen dichten Nebel erreicht ihn das Gefragte und dann ist er plötzlich wieder da, völlig verwirrt und gleichzeitig klar. Was ist da geschehen? So weit weg war er schon lange nicht mehr tagsüber einfach so und wo er war, weiß er auch nicht. „Bitte? Äh – nein, alles in Ordnung. Ich hatte gerade einen Tagtraum. Und nein, wenn ich sie so anschaue, der hatte nichts mit ihnen zu tun. Entschuldigen sie bitte.“

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