in der Luft

Er atmet die Luft in kurzen Saugstößen ein, atmet wieder aus. Irgendetwas riecht heute anders, so ganz anders als sonst und das liegt nicht daran, dass er gestern einen Fleck mit Orangenöl entfernt hat. Da ist etwas in der Luft… Ach ja, jetzt ist die Erinnerung wieder da. Herr Nipp hat für einige Tage einen Hund aufgenommren.

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Regeln regeln

Regelmäßig jeden Tag lässt er seinen Nächsten digitale Nachrichten zukommen. Meist sind es einfache Antworten auf banale Fragen, oft will er sich selbst mitteilen und ganz selten ist es unangenehm. Vor Jahren schon hat er sich Regeln geschaffen, die vieles erleichtern. Das daran Halten ist grundlegend.

  1. Sei gegenüber allen freundlich, soweit es eben möglich ist.
  2. Auf sehr unangenehme Dinge erst nach ein Tag Bedenkzeit reagieren.
  3. Auf unangebrachte Dinge niemals reagieren.
  4. Niemandem schreiben, wenn man betrunken ist. Vor allem der “ Ex“ nicht.
  5. Erst denken.

Leider hat er sich selbst manchmal nicht daran gehalten.

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Reimmaschine im Wald

die Nacht ist stumm, die Vögel schweigen

ein dürres Knacken im Gehölz

wenn Rehe ihre Hörner reiben

oder ist es doch ein Wolf?

er träumt sein Leben, sieht die Pflanzen

Buchen stehn in lichtem Grün

Insekten Bienen Hummeln Wanzen

Mücken, die in Schwärmen tanzen

Och ne, denkt er, ich mag diese „reim dich oder ich schlag dich Poesie“ nicht. Trotzdem bleibt er sitzen, sieht die wilden Kirschblütenblätter fallen und er kann nichts dagegen tun, aber wenn die Reimmaschine einmal angeworfen worden ist, dann kommen sie auch ungefragt. Betagt, zernagt, verzagt, gewagt….Steputat lässt grüßen.

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Blick

Als er auf den Flur kommt, es ist so gegen 10 nach 11, sitzt dort schon ein Mann auf seinem angestammten Platz. Herr Nipp kennt den und nickt freundlich. Der andere grüßt fast überschänglich zurück, indem er mit dem Daumen wackelt. Das ist hier kaum jemand gewohnt. Normalerweise blickt der andere kaum auf, vielleicht wird auch noch eine Augenbraue gehoben, das muss an Begrüßung aber auch schon reichen, jeder weiß doch schließlich, was er an den anderen hat. Normalerweise nichts. Sie sind Kollegen meistens, manchmal auch Besucher, oft auch Leute, die noch nie zuvor gesehen wurden. Das sind dann Bewerber, der Großteil wird auch nie wieder gesichtet. Zum Glück, denkt Herr Nipp. Aber dieser hier ist seit vielen Jahren ein guter Kollege, von dem er weiß, dass er immer etwas Wichtiges zu sagen hat. “…schon gesehen – dreihundert Punkte heute!“ “Schon Tage nicht mehr geguckt.“ „Noch ein oder zwei Tage und ich verkaufe.“ „Hm, ich warte lieber noch fünf Jahre.“ “Muss ja auch mal die Verluste ausgleichen.“ “Ja, kann man machen, aber der derzeitige Wert hat ja nichts mit Verlust zu tun, es sei denn, man realisiert ihn. Ich warte also.“ “Auch ne Art.“ “Und? – Kann ich jetzt auf meinen Platz?“

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ablegen

Stundenlang ist er um dieses kleine Kaff gelaufen. Ein wunderbarer Panoramahöhenweg. Zur Zeit sowieso, weil die einst vielen und vielleicht auch noch stolz anmutenden Fichten dem Käfer zum Opfer gefallen sind. Erst befallen, dann gefallen. Erst grün, dann braun und wenn es schlecht kam, Feuerholz. Auf einigen Flächen liegen die Baumkadaver noch herum und werden wohl dort verrotten. Was Herr Nipp dabei denkt, ist jetzt egal. Er hat Durst und will sich setzen. Da die Erfinder dieses Rundweges nicht an Bänke gedacht haben, tut es auch ein Baumstumpf. Er zieht die viel zu warme Jacke aus, breitet sie zum Draufsetzen. Zieht seine schwarze Thermoflasche aus der mitgebrachten Tasche, füllt sich eine Tasse mit heißem Tee und genießt den aufsteigenden Duft ferner Länder. So ruht er aus, mit Bedacht und Ruhe. Er begrüßt wandernde Menschen, die ihm unbekannt sind und bekommt meist eine freundliche Replik. Nur ein Pärchen grummelt ihn an. Bleibt aber in der Nähe sitzen. Was soll’s. Er genießt den besten Ausblick, den er auf der ganzen Tour hatte. Irgendwann geht er weiter bis zum Parkplatz, das Werk ist vollbracht. Als er angekommen feststellt, dass er seine Jacke mit Schlüsseln Portmonee und Handy liegenlassen hat, wird er eilig, läuft zurück. Schon nach einem Drittel der Strecke kommt ihm das grummelige Paar entgegen, winkt. „Die Jacke hier haben sie auf unserem Lieblingssitzplatz liegen lassen.“ Ja, jetzt versteht er, dankbar.

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