Blick

Als er auf den Flur kommt, es ist so gegen 10 nach 11, sitzt dort schon ein Mann auf seinem angestammten Platz. Herr Nipp kennt den und nickt freundlich. Der andere grüßt fast überschänglich zurück, indem er mit dem Daumen wackelt. Das ist hier kaum jemand gewohnt. Normalerweise blickt der andere kaum auf, vielleicht wird auch noch eine Augenbraue gehoben, das muss an Begrüßung aber auch schon reichen, jeder weiß doch schließlich, was er an den anderen hat. Normalerweise nichts. Sie sind Kollegen meistens, manchmal auch Besucher, oft auch Leute, die noch nie zuvor gesehen wurden. Das sind dann Bewerber, der Großteil wird auch nie wieder gesichtet. Zum Glück, denkt Herr Nipp. Aber dieser hier ist seit vielen Jahren ein guter Kollege, von dem er weiß, dass er immer etwas Wichtiges zu sagen hat. “…schon gesehen – dreihundert Punkte heute!“ “Schon Tage nicht mehr geguckt.“ „Noch ein oder zwei Tage und ich verkaufe.“ „Hm, ich warte lieber noch fünf Jahre.“ “Muss ja auch mal die Verluste ausgleichen.“ “Ja, kann man machen, aber der derzeitige Wert hat ja nichts mit Verlust zu tun, es sei denn, man realisiert ihn. Ich warte also.“ “Auch ne Art.“ “Und? – Kann ich jetzt auf meinen Platz?“

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