Bei dir

um ehrlich zu sein:

es ist mir egal

es ist mir egal, was du denkst

was du sagst und fühlst

wie du die Welt,

die andern und mich erlebst

ich werde es nie verstehn

um ehrlich zu sein

war alles gelogen

ich werde dich nie verstehn

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aalglatt

„Na, der vielleicht.“ „Geht gar nicht. Und bevor du was sagst, der blonde Typ an der Bar auch nicht. Zu Andro.“ „Sag ja schon gar nichts mehr. War nur ein Vorschlag.“ Herr Nipp geht schnell an den beiden halbgaren Teens vorbei, er mag solche Gespräche einfach nicht. Andere nur nach dem Äußeren bewertend. Er bestellt sich an der Theke ein Bier, probiert den ersten Schluck. Kühl, dunkel, malzig. Das geht ja gar nicht, denkt er. Drei Adjektive hintereinander.Neben ihm steht ein junger Mann mit mach hinten gegeelten Haaren, etwas gruselig, seine Mutter hätte damals gesagt:“ Schmierläpp.“ Oder was vergleichbares. Egal jetzt, die ersten Worte sind gewechselt und über den Abend haben beide tiefreichende Gespräche. Vor allem aber einfache philosophische Gedanken und sogenannte Kopfnüsse interessieren das Gegenüber. Herr Nipp steigt bereitwillig darauf ein, kann mithalten, bringt eigene Gedanken und Gelesenes ein. Mit jedem Bier bekommen die Themen mehr Fleisch einerseits und werden abstrakter in der Bewertung andererseits. Na Guck mal einer an, was so ein Typ doch alles drauf hat. Erst als sie sich verabschieden, erfährt Herr Nipp, dass der Schmierlapp eine ordentliche Professur für angewandte Philosophie hat und gerade eine Feldstudie in Kneipen des Sauerlandes macht

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Hintergrund

Regelmäßig klackt es hinter ihm, die Schallplatte ist zum Ende gekommen und Herr Nipp hat noch keine Zeit gefunden. Er müsste aufstehen, die Platte von rotierenden Plattenteller nehmen, da er keinen Automaten besitzt, und herumdrehen. Ja, er müsste so einiges, aber ehrlich gesagt genießt er gerade diesen Zustand. Die Tür zur Terrasse ist weit aufgeschoben, draußen hört er das Liebeslied einer Amsel, die irgendwo auf einem erhöhten Posten sitzt, jäh unterbrochen vom Kreischen einer Elster. Die Sonne wandert langsam, was an den Schatten der Bäume einwandfrei zu erkennen ist. Irgendwo in der Nachbarschaft schreit, brüllt und quiekt jener Nachbarsjunge, der gerade mit dem Ball spielt. Wenn der draußen ist, ist immer sofort die gesamte Nachbarschaft in Aufruhr. Der braucht das und merkt es wahrscheinlich gar nicht. Solange die beiden Dackel nicht dazu blödsinnig bellen, lässt sich die Geräuschkulisse ertragen und Herr Nipp hat ja gelernt zu filtern und das ist dann eine Kunst für sich. Er bekommt Waffelhunger, erhebt sich, dreht die Schallplatte herum und geht in die Küche. Dort wird er zunächst im Takt der Klänge 6 Eier aufschlagen, sie mit Wasser, Zucker und Fett verrühren, danach gemahlene Mandeln hinzugeben und sehen, wie die beiden Rühreisen den ganzen Teig gleichmäßig verarbeiten. Erst dann gibt er Vanillinzucker, Bourbonvanille und Mehl sowie Bachpulver in die Schüssel. Der Teig muss diese ganz besondere Konsistenz und Textur haben, damit die Waffeln auch wirklich gut schmecken. Und ein Rest des Teigs wird er in ein Schüsselchen geben, damit seine mitbewohnerin oben aus dem Haus die einzelnen Herzen darein tunken kann. Lecker!

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freundlich

„Es gab diese Zeit, damals, es ist inzwischen einige Jahrzehnte her, dass ich völlig in mir ruhte, wusste, wer ich bin und was ich will. Damals musste in keiner Sekunde, keinem Id eines Augenblicks in Frage gestellt werden, was Glück ist. Es war das Element des Lebens, wie es für die anderen Luft ist und für Fische Wasser, Auch wenn letzter Vergleich mehr als stupid einfach klingt. Glück war das Lebenselixier, um das die anderen ihren Neid hochfuhren. Ich fühlte mich wie der Größte, ohne auch nur ansatzweise einer Hybris zu unterliegen, denn Glück macht dich zum Größten und die anderen wissen es und neiden es dir. Glück macht aber auch eine Stück weit arrogant.“ Herr Nipp hört den Geständnissen eines alten Mannes zu, der eben seine Lesung hält. Dieser Autor scheint intelligent und sehr selbstreflexiv zu sein, er weiß um die Vergänglichkeit und hat mit den Jahren offenbar ein Bewusstsein für die Zuhörer entwickelt. Kein Mensch kann das andauernde Gerede von Glück ertragen, kann freundlich bleiben bei dem Gedanken, dass ein anderer in jeglicher Hinsicht glücklich ist. Das passt in der meisten Menschen Lebensmodell nicht herein. Du musst auch einmal unglücklich sein, um überhaupt zu begreifen, was Glück überhaupt ist. So sagen die klugen Psychologen und vergleichen es mit Luxus, der eben auch nur relativ ist. Luxus wirklich erleben kann nur jemand, der auch Einfachheit erfahren hat oder sogar Not. Dann berichetet der Schreiber eben auch von den Tagenund das sehr intensiv, als das Glück jegliches Haltbarkeitsdatum überschritten hatte. Die Tage in denen der Tod kam, unerwartet und endgültig, die Trennung für den Zeitenrest, dieses Abgeschnittensein und Vermissen, die Zeit der Trauer, des Selbstzweifels. Er berichtet von Krankheit und Armut, vom Verzweifeln. Er zeigt all die Lebensschläge und Tritte auf, richtet den Blick auf die Narben. Das Verlassenwerden durch die Menschen, die er geliebt hat. Die Frage nach der eigenen Schuld und die Möglichkeit der eigenen Veränderung, das Erwachsenwerden, das Erstarken zuletzt. Er malt den Zuhörern düstere Bilder der Selbstverachtung und kann in minutiöser Darstellung von kleinen Ereignissen darlegen, welchen Weg es gebraucht hatte vom gestrauchelten wie selbstverliebten Gockel zu einen Menschen heranzureifen. Irgendwann schließt er ab, ein Satz, dann ein freundlicher Applaus, zunächst zurückhaltend in sichtbarer Erschütterung, dann sehr langanhaltend in Dankbarkeit: „Du darfst als Mensch du selbst sein, erlebe bewusst dabei alle Höhen und Tiefen, du lebst schließlich nur einmal.“

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liederlich

Zu jedem Geburtstag nicht, aber alle fünf Jahre haben sie sich Gedichte geschrieben und Lieder. Meist bekannte Mitgröhllieder wurden neu vertextet und dann wurden sie lauthals und melodiesichere gesungen, wieder und wieder. Sie hatten ihren Spaß dabei, erinnert er sich. Jetzt sind die meisten längst gegangen. Für immer. Und Herr Nipp fragt sich manchmal, ob die lustige Gruppe wohl da oben zusammensitzt, einige Gläser Wein trinkt und aus voller Kehle all die selbst verfassten Hits gröhlt. Zu wünschen wäre es ihnen.

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