viel

Zumeist fühlt sich Herr Nipp ja ganz wohl dabei, eher in einer der hinteren Reihen zu stehen.
Manchmal aber würde auch er gerne wahrgenommen werden. Nicht als der Besondere, der ist er nicht. Nicht als der Star, solche Allüren kennt er nicht. Schon gar nicht als graue Eminenz, ihm fehlt einfach das Zeug zum Strippenziehen. Aber schon als derjenige, der die Idee hatte, von der nun alle wie selbstverständlich profitieren.
Und ganz selten wäre ein ernst gemeintes Lob sicher schön, aber das ist vielleicht schon zu viel verlangt.

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Nutzen

Wie sehr er auch heute immer wieder oder besser gesagt noch immer dem alten Nutzendenken seiner Vorfahren verhaftet ist, wurde ihm dieser Tage bewusst, als eine Freundin fragte, was dies denn wohl für eine schöne Blume sei. Er wollte gerade fast verächtlich antworten, das sei nur eine ganz gewöhnliche Distel, da machte etwas in ihm „klick“ und er begriff etwas. Er konnte ganz glücklich antworten: „Das ist eine Gewöhnliche Kratzdistel, die leistet Ungewöhnliches. Sie leuchtet wunderschön violett, gibt vielen Insekten Nahrung und der ebenso schöne Distelfink frisst ihre Samen. Ganz nebenbei schützt diese Distel andere Ackerrandkräuter davor zertreten zu werden und gibt kleinen Tieren Deckung, denn niemand geht freiwillig durch ein Distelgestrüpp.“

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Daneben

Neben ihm sitzt im Licht der untergehenden Sonne sitzt ein Diestelfink auf einer Distel und macht, was Finken so tun. Nein, er finkt nicht, sondern holt sich die Kerne zum Fressen heraus. Ganz vertieft in die Arbeit bemerkt er nichts. Und Herr Nipps Herz tanzt Samba.

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Greetsieleinheiten

Vor einigen Jahren war er im Urlaub versehentlich mit Freunden in Greetsiel gelandet. Da irgendwer der drei der Meinung war, den Ort müsse man vielleicht mal gesehen haben, um mitreden zu können. Fehler. Eine Touristenfalle. Selten haben sie solch eine Langeweile erlebt. Aber immerhin gibt es seitdem die Greetsielskala. Zehn ist Tod. Dem kleinen Städtchen Steinhude haben die drei sechs Greetsielpunkte zugesprochen.

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Zeiten einer Ausstellung

Normalerweise werden in der Provinz Ausstellungen entweder sontagmorgens um 11 Uhr oder sontagnachmittags um 17 Uhr eröffnet. Erstes haben die Ausstellungsmacher in den sechziger Jahren begonnen, um zu zeigen, dass auch ein anderes Leben als der sonntägliche Gottesdienstbesuch möglich war. Damals vielleicht ungeheuer provokant, in der heutigen Zeit jedoch, in der nur noch wenige Menschen in die Kirche gehen, kann so ein Termin kaum noch jemanden schockieren. Die Provinzbewohner nehmen diese Zeit als vom Kunstverein oder der örtlichen öffentlichen Galerie gesetzt hin und machen sich keine weiteren Gedanken darüber. Ja, es ist schon verdammt schade, dass man als Kulturbeflissener so früh aufstehen muss oder gar ohne Frühstück aus dem Haus geht, um wahrscheinlich mal wieder eher mediokre Kunst zu sehen. Einige Veranstalter haben also in den achtziger Jahren erkannt, dass es für die Besuchermengen, die es in den meisten Galerien nie gegeben hat, doch wesentlich attraktiver ist, nachmittags zwischen dem Kaffeetrinken und der Tagesschau eine Vernissage zu besuchen. Seien wir ehrlich, zu den weiteren Terminen von der Eröffnung bis zum Ende der Ausstellung kommt kaum einmal jemand. Das ist dann schon eher ein Versehen oder ein wirklich Interessierter, der sich in eines der Bilder verliebt hat und überlegt, es käuflich zu erwerben. Wobei die meisten Verkäufe am Vernissageabend getätigt werden. Kunsterwerb ist nicht alltäglich. Es geht schließlich darum, von den anderen Mitbürgern gesehen zu werden. Auch um zu zeigen, dass diese besondere Form der Kunstbeflissenheit besteht. Der wohlsituierte Bürger hat gefälligst auch kulturgebildet zu erscheinen. Und das ist nur auf der Vernissage möglich. Wenn in der Presse Artikel auftauchen, die behaupten, wegen des großen Erfolges einer Ausstellung bleibe sie einige Wochen länger geöffnet, hat das meistens nichts mit Besuchermassen zu tun, sondern damit, dass der Künstler einfach noch keine Zeit hatte, sie abzuhängen. Kunst ist nur als Event betrachtet von Interesse. Neuerdings scheint sich allerdings bei einigen Kulturschaffenden ein neues Denken breitzumachen. Sie veranstalten ihre Vernissagen samstagabends um 19 oder 21 Uhr, dann direkt mit einem knallenden Konzert, nicht diesem halbgaren Herumgefiedel zehn Minuten lang nach der Einführungsrede, dem die Besucher dann ach so interessiert zu lauschen gezwungen werden bis sie endlich ihren verdienten Rotwein bekommen. An solchen Abenden entwickelt sich durchaus Spannendes. Eine kurze wie lockere Einführung, die nicht so bieder träge daherkommt und glaubt, Bilder erklären zu müssen oder gar zu können, einige Bier oder Wein und dann richtig gute Musik auf die Ohren. Sich dabei Kunst anzuschauen ist ein echtes sinnliches Vergnügen. Dann redet die oder der Besucher auch später über das Event und wer weiß, vielleicht kommen die nächsten Wochen auch mal Besucher herein. Und sei es nur, um sich an den schönen Abend zu erinnern oder die Person wiederzutreffen, mit der man nach der Veranstaltung spät nachts noch einen Onenightstand hatte.

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