Katzenjammer

Er kann sie wie jeden Tag schon von weitem kommen hören. Auf ihren Wegen wird sie regelmäßig von den Hasstönen der Elstern begleitet. War sie zu Anfang noch sehr davon eingeschüchtert, scheint sie das Meckerkonzert heute fast zu genießen. Manchmal schaut die Katze auf und fordert ihren Fanclub geradezu heraus. Erst wenn die Vögel darauf mit größter stimmlicher Anstrengung geagiert haben, geht sie weiter. Katzen sind seltsame Wesen. Das wusste Herr Nipp zwar schon immer, doch früher konnte er die Auswirkungen von Katzenverhalten vor allem bei anderen Menschen beobachten. Heute geschieht es ihm selbst, denn vor einem Jahr hat eines dieser fremdvertrauten Tiere aus der Nachbarschaft beschlossen, die Bewohner seines Hauses zu adoptieren. Jeder, der auch nur kurzzeitig hier wohnt, behört ihr. Inzwischen besitzt sie in jeder Wohnung ein bis zwei Schlafplätze, je nachdem, was gerade gewünscht ist. Mal liegt sie in der Ausbaureserve des Daches in einem gemütlichen Schuhkarton mit Decke. Mal auf einem Stuhl im ersten Obergeschoss, auf dem die Besitzerin eine Felldecke drappiert hat. Im Winter hat sie bei Herrn Nipp im Erdgeschoss direkt neben dem Kaminofen geschlafen. Und zuweilen hat sie auch ein altes Sesselchen im Keller unter Beschlag.
Da er sommers gerne draußen auf seiner Terrasse sitzt, um dort seine geliebte Wochenzeitung zu studieren, kommt die Katze dorthin, begrüßt ihn mit maunzen und setzt sich neben ihn. Meist streichelt er dann durch das wunderbar weiche Fell. Manchmal rollt sie sich auch auf seinem Schoß zusammen und lässt sich das Kinn mit Vorliebe kraulen. Natürlich reden sie immer miteinander. Zunächst kam er sich ziemlich blöd dabei vor, inzwischen sind alle kommunikativen Schranken gefallen. Jeder spricht in seiner Sprache und wahrscheinlich vertsehen sie sich auch so gar nicht, aber beiden scheint es zu gefallen. Katzenjammer gibt es eigentlich nur, wenn sie mal nicht morgens kommt, weil sie anderweitig verpflichtet ist.

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Plätschern

Es ist wohl klar, dass immer ein Wort der Auslöser für einen Text darstellt. Was ergibt sich daraus? Eine Frage, die sich erstmal im Kopf ein paar Runden drehen muss, bis sie in die richtige Lage kommt. Vor einigen Jahren war etwa Herrn Nipp bei einem dieser Seminare, die er regelmäßig über sich ergehen lassen muss, weil der Arbeitgeber es so wünscht und wahrscheinlich ist das auch vorgegeben, also obligatorisch, da sollte er zum Wort „Plätschern“ eine kurze Rede halten. Nicht dass die hier nun wiedergegeben werden soll, das wäre wirklich müßig, aber vielleicht wäre es interessant, jetzt nochmal Herrn Nipp zu bitten, damit umzugehen, einfach so, aus dem Lameng, wie so schön gesagt wird.

„Herr Nipp, sie sind ja bekannt dafür, dass sie recht schnell, ja geradezu spontan, zu fast allem etwas sagen“, könnte der Reporter nun anfangen. „Na ,eigentlich kann sich ja wohl jeder zu fast jeder Gelegenheit zu allem etwas äußern.“ „Ich meine aber nicht die spontane unstrukturierte Meinung, die Sie abgeben sollen, sondern ein qualifiziertes Statement. Bitte halten Sie doch eine kurze Rede zum Wort „Plätschern“.“ „Also mal ganz ehrlich, irgendwie habe ich das Gefühl, die möchten mich gehörig veräppeln.“ „Sie würden unseren Lesern also nichts darüber sagen?“ „Nein.“

Na, Pech gehabt, wir können aber immerhin daraus lernen, dass nicht über jedes Wort geschrieben werden kann.

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Sonnenstrahl

Du bist so hart
und warm
und weich
Du lullst mich wieder ein
zeigst Grenzen auf
und trocknest Tränen
verbrennst die Felder
und die Haut
Sonnenstrahl
du reinste Energie

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Der Preis der Hiebe

Selten guckt Herr Nipp im Strömungsprogramm der öffentlichrechtlichen Sender Sport. Irgendwie aber fand er einen Boxkampf doch einmal spannend. Vielleicht, weil die festen Regeln, einem fast religiösen Ritus folgen. Hier aber sollen keine Seelen beglückt werden, sondern die Menschen setzen ihr Geld auf Gewinn oder Verlust des Favoriten. In der wievielten Runde, in der wievielten Minute dieser wird der Gegner zu Boden gehen. Die behäbigen Schwergewichtler muten etwas zu langsam, ja geradezu langweilig an. Er möchte sich überhaupt nicht vorstellen, wie es sich anfühlt, von so einem Menschen einen Hieb abzubekommen. Schon gar nicht, wie es ist, verdroschen zu werden. Die Fliegengewichtler machen ihm mit ihrer Spritzigkeit mehr Freude. Sie sind flink und drahtig, kein Gramm Fett zu viel. Aber er weiß auch, dass die meisten von diesem hochmotivierten Kämpfern irgendwann an schweren Hirnverletzungen leiden werden. Das ist der Preis der Hiebe.

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keinem andern zu

Draußen ist es endlich dunkel geworden. Immerhin werden jetzt schon die Tage wieder etwas kürzer. Herr Nipp steht in der Küche, hat eine kurze grüne Hose an. Vielleicht ist sie auch blau. Das ist aber auch egal, das steht hier nur, damit sich der Leser überhaupt etwas vorstellen kann. Auch die Tatsache, dass er den frischen Knoblauch, welchen er gleich zum Kochen verwenden wird, riecht, ist im Grunde irrelevant, denn darum geht es nun wirklich nicht. Draußen gehen laut redende Männer am Haus vorbei. Der wachsame Leser hat jetzt begriffen: Das ist völlig schnuppe. Eben aber noch war die kleine Katze da, die mit den Flecken, die aussieht, als sei sie aus einem Film entlaufen. Sie miaute laut „miau“, er hat geantwortet, um die Lächerlichkeit wissend, dass er sich dem Willen eines Tieres unterwirft. Aber irgendwie hat sie ihn sich in den letzten Monaten gefügig gemacht. Früher konnte nur darüber lachen, wenn Menschen einen Fetisch aus ihren Tieren machten. Seine Mutter hätte gesagt, so ein Bohei. Jetzt hat er sich selbst zum Opfer gemacht und ist glücklich damit.

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