Sonntag

Der Sonntag ist meist ein Abfolge an Ritualen. Herr Nipp steht recht früh auf, so etwa zwischen halb sieben und halb acht, je nachdem was er am Abend vorher gemacht hat. Dann bereitet er das Frühstück vor, holt Brötchen vom Bäcker, der mit Dinkel backt, kocht Eier vom Biobauern und irgendeinen Kaffee in der Bialetti, deckt den Tisch und hat dann Zeit, einige Schallplatten zu hören und zu lesen bevor sein Gast kommt oder die Gäste erscheinen. Gegen halb neun beginnt dann das Frühstück mit vielen Fachsimpeleien, meist über Musik, manchmal auch Filme, Literatur und Politik. Eine Stunde später brechen sie nach Abräumung des Tsiches zu einem Spaziergang auf, der mal länger, aber meist recht kurz ist. Spätestens um zwölf ist er wieder zu Hause. Herr Nipp nimmt sich die Leerzeit dann meist zum Lesen oder eine Dokumentation zu streamen. Archäologie, Natur, Gesellschaft. Gegen ein Uhr trifft er sich dann mit einer Freundin und bei gutem Wetter gehen sie wandern, manchmal allerdings fahren sie auch zu einem Trödelmarkt oder in ein Museum. Oft backt er auch nachmittags Waffeln. So zum Kaffeetrinken. Abends wird dann wieder gegessen, meist eher frugal.
Es gibt allerdings auch manchmal Sonntage, die so nicht funktionieren und dann läuft ihm alles irgendwie quer. Und in solchen Situationen hat er dann auch das Gefühl, dass die kleine Bengalkatze, die ihn regelmäßig besucht, das ausnutzt und ihm auf der Nase herumtanzt.

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Romantick

Seit einigen Jahren treibt ihn der Gedanke an den eigenen Roman um. Und tatsächlich hat er bereits einen verfasst; von Zufriedenheit darob allerdings ist er weit entfernt. Vielleicht sollte er auch hier sein Lebensmotto nutzen: unzufrieden, aber glücklich. Das Schriftstück muss ja nicht brillant sein, ihm reicht schon, dass es ein Bestseller wird.

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Vernunft

Die Dinge laufen meist anders, als es die optimale Planung vorgesehen hätte, denn jeder hat so seine eigene Agenda. Als die kleine Gruppe von Hochinteressierten sich auf den Weg durch den Wald macht, um Flechten und Moose zu untersuchen, fast alle sind übrigens völlig freiwillig hier, wenn man von der Vorsitzenden einer Naturschutzorganisation und der Ehefrau des Seminarleiters mal absieht, die das quasi beruflich machen oder eben beziehungsverpflichtet, setzt sich recht schnell ein kleines Häuflein etwas nach hinten ab. Jede Teilnehmerin, jeder Teilnehmer ist mit einer Lupe bewaffnet und so suchen sie eigentlich nach Moosen zur genauen Habitatbestimmung, nach Flechten, um Wetter- und Luftwerte zu erkunden. Ist viel Ammoniak in der Luft enthalten oder wenig, ist die Luft frei von Stäuben, an welcher Seite des Baumes läuft mehr Wasser herunter und steht das wirklich in irgendeiner Weise im Zusammenhang mit der Himmelsrichtung, wie viele Menschen immer behaupten oder etwa mit der Wuchsrichtung oder dem Ansatz der Äste. Nur die drei Männer, die sich abgesetzt haben, scheinen sich um ganz andere Sachen zu kümmern, untersuchen die weiteren dort wachsenden Pflanzen, welche Kräuter und Bäume, welche Trittsiegel der verschiedenen Tierarten im Bestand zu finden sind. Am Ende des Tages wird sich herausstellen, dass sie das Gratisseminar genutzt haben, um in aller Ruhe zu schauen, ob es sich lohnen könnte, diesen Wald als Jagdrevier zu pachten.

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kurz mal

Der Kürze der Texte geschuldet, denkt er, fehlt mir die Zeit. Seit Stunden schleift er zwei Sätze zu Diamanten.

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laut

Herr Nipp sitzt mit einem Freund an. So nennt man das wohl in der Jägersprache. In einer Kanzel hockend verbringen sie ihre Zeit damit, auf Wild zu warten. Der Jäger ist etwas unzufrieden, da er in den letzten Tagen wenig, zu wenig Wild gesehen hat. Ergo unterhalten sie sich ganz leise. Nachdem Herr Nipp erfahren hat, dass ein Schuss des Gewehrs richtig laut ist, nimmt er sich vor, die Ohren zu zuhalten. Aber letztlich wird er dies im entscheidenden Moment vor Aufregung vergessen.

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