Perspektivwechsel

„…was wäre eigentlich“, denkt sich Herr Nipp im frühmorgendlichen Susa des Aufwachens, halb noch in die nächtlichen Träume verstrickt, „wenn sich der Erzähler plötzlich entschiede, die Seiten zu wechseln?“ Ganz kurz bin ich noch eingeschlafen, dachte eigentlich die Augen nur für Momente zu schließen und plötzlich ist es draußen gar nicht mehr dunkel. Der Aprilschnee dieses Jahres leuchtet, man könnte glatt Weihnachten feiern, dabei ist bald Ostern und sofort habe ich dieses blöde Kinderlied in den Ohren und summe „Kommt raus, kommt raus, kommt alle aus dem Haus, die Welt, die Welt sieht wie gepudert aus…“ und habe eine verdammt gute Laune dabei. Der Hund liegt da und schaut mich aus seinen oder besser ihren, denn er ist eine sie, wohlwollenden Augen an, ohne den Kopf zu heben, weiß wohl auch, dass es noch einige Minuten dauert, bis ich denn fertig bin und zum ersten Sonntagsspaziergang aufbrechen kann. Aus dem Bett hüpfend falle ich fast über die gestern achtlos weggeworfenen Kleidungsstücke. Es war wirklich eilig, die Augen fielen zu und es schien keine Möglichkeit zu geben, noch länger wach zu bleiben, die letzte Runde mit dem Hund war gedreht, es war für diese Jahreszeit viel zu kalt und der Körper wie Geist sehnte sich nach Wärme und Schlaf. So stolpernd das Bad zum Duschen zu erreichen, kann auch nur mir passieren, glücklicherweise liegen Schlafplatz und Bad nur durch den schmalen Flur getrennt sich direkt gegenüber. Klamotten vom Leib gezogen, heißes Wasser an und die Hitze genießen, allerdings mit etwas schlechtem Gewissen, dass sei an dieser Stelle zugegeben, denn wir sollen ja aus rein demokratischem Idealismus zu Ernergiesparern werden, komme, was da solle. „Nein“, denk ich bei mir, „das wäre nicht so gut, alles Erzählen würde wohl zu intim werden, man stelle sich nur vor, wenn ich gleich auch noch darüber berichte, wie und wo ich mich dusche und das Stück Seife am Körper entlanggleiten lasse, dann fragen sich die Leser bestimmt, warum denn ein Stück Seife und kein Duschgel und dann müsste ich das erklären. Nein, darauf kann ich wirklich verzichten.“ Herr Nipp trocknet sich ab, zieht sich warm an und da steht auch schon der schwarze Hund, der eine Hündin ist, den oder besser die er für einige Tage übernommen hat, vor der Tür und wartet darauf, dass es endlich losgeht.

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