Bildschirm (2017, überarbeitet)

Die kleinen ach so intelligenten Kommunikatoren sind eigentlich ja nie so sehr seine Sache gewesen, aber manchmal freut er sich eben doch über Bilder und kurze Nachrichten, die ihm geschickt werden. Mal ist es das Bild vom Bilsenkraut, dann ein Dammhirsch im Punktekleid mit wachsendem Geweih. Der Jäger würde wohl sagen, im Bast. Eigentlich auch egal, wie es denn nun wirklich genau heißt, denkt er. Meist gibt es von ihm dann eine Antwort mit wenigen kurzen Worten oder mit einem selbst geschossenen Bild, gerne Blüten, Wurzeln, Steine oder Insekten. Einmal ist es ein Morris Minor mit Holzleisten außen. Da schickte er auch jene schwarze Hummel von der Hochebene der Provence. Was eine Entdeckung, für ihn völlig unbekannt und neu. Zuweilen verschickt er auch selbst erdachte Sinnsprüche, die fragwürdig sind und andererseits kaum geglaubten Hintersinn aufweisen. Aber wer macht sich schon die Mühe, den Sinn der Worte zu entschlüsseln. Er bleibt dann allerdings an diesem winzigen Bildschirm hängen und muss unbedingt von etwas recherchieren, zumindest redet er sich das gerne ein.

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Wanderung provencalisch (von 2017)

Über die prevencalische Hochebene wandern. Oberhalb von Gourdon in der Nähe des Observatoriums. Der Stern sticht bis über 35 Grad und die Luft trocken. Keine Zeit für lange Sätze im Kopf. Gedanken schnell zu Ende bringen. Tack tack tack. So lebensfeindlich scheint hier alles auf den ersten Blick zu sein. Trotzdem wimmelt das Leben. Tatsächlich auch Vögel. Irgenwelche Wildhühner auf der Ruine. Die fliegen auf. Mit empörtem Schrei. Was willst du hier, du störst unseren Frieden. Die Paraglider, die einige hundert Meter entfernt starten und landen, stören nicht, sie bleiben ja am Rand. Fixiert auf ihr Tun. Ganze Schwärme von braunen, rötlichen und blauen Schmetterlingen, die auf dem Blüten einer igligen Distel Nahrung suchen. Vollkommen schwarze Hummeln mit schwarzglänzenden Flügeln. Silber- und Golddisteln in selten gesehener Schönheit. Die vielen vertrockneten oder gerade blühenden Kräuter. Teilweise verführerischer Duft. Lavendel, Origano und Thymian, einige uralte Wacholderbüsche. Kiefern. Pinien. Alles scheint den fast sehnsüchtig träumerischen Blick in die Landschaft zu untermalen. Einige Stunden glücklichen Umhergehens. Das Einzige, über das sich Herr Nipp wundert, ist das Wrack eines ausgeschlachteten Wagens, dessen Herkunft er sich nicht ausmalen kann.

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Über der Tür

Über der Tür sind einige Drähte gespannt, eigentlich viel zu niedrig, denn er muss jedesmal, wenn wenn er in die Wohnung geht oder auf die Terrasse, den Kops senken. Ganz leicht nur, aber immerhin. Auf der Haar in der Nähe von Soest kennt er eine Kirche, die eine zu niedrige Tür von Altarraum zur Sakristei hat. Der heraustretende Priester muss sich so zwangsläufig vor und nach dem Betreten des Kirchraums verneigen. Gegenüber hängt jeweils ein Kreuz. Demut lernen. Vielleicht soll auch hier dem Erbauer der Ferienwohnung Respekt gezollt werden, vielleicht ist der allerdings auch einfach einen Kopf kleiner, wer weiß das schon.

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Aufwachen

Früh morgens schlägt er die Augen auf, wartet nicht lange. Er weiß ja, dass er nicht mehr einschlafen wird. Der Oberkörper wird aufgerichtet, die Beine werden gleichzeitig aus dem Bett in Richtung Boden geschoben. Da sitzt er nun auf der berühmten Bettkante, blickt zum Wandschrank, den er übernommen hat. Warum hätte er auch einen neuen kaufen sollen, der alte ist ja gut. Ein wahres Raumwunder, wundert er sich mal wieder, als er hineinsieht. Herr Niopp schnappt sich seine Sachen aus der Abteilung grün. Eine Cargohose, ein T-Shirt, ein Hemd. Er will sich mit einem Freund treffen, man höre und staune, zur Gartenarbeit. Eine Fläche soll freigeschnitten werden. Duschen ist also nicht angesagt, reine Katzenwäsche reicht jetzt. In einigen Stunden wird er so verschwitzt sein, wenn er dann nach Hause kommt, ist Duschen mehr als nötig und einmal am Tag sollte doch möglichst reichen. Ist besser für die Haut und die Umwelt sowieso. In der Küche kocht er einen Kaffee, stark und scharz, füllt ihn in die Thermoskanne für später, packt die wichtigsten Werkzeuge ein, fährt zum Bäcker und los geht es. Sie werden gleich frühstücken und danach einige Stunden schweigend zusammen arbeiten. Sie werden zwischendurch Kaffee trinken. sie werden Reden und lachen.
Als er wieder aufwacht, bemerkt er, dass er all das nur geträumt hatte. Jetzt wird es Zeit.

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Gespräche

Die Tatsachen nur etwas zu verdrehen, gibt spätabendlichen Gesprächen erst den richtigen Drall, in die eine wie die andere Richtung. Und manchmal ist es wirklich gar nicht abzusehen, welche Eigendynamik sich entwickeln kann. Ähnliches denkend, sitzt Herr Nipp in seiner Lieblingskneipe und lauscht nebenbei dem Gespräch zweier echter Männer – da geht es um das ganz kleine Alles – Gott und die Welt eben. Und um Fußbal wie Politik. Er liebt diese Art der Thekengespräche, in denen ein zarter Hinweis zur Beweisaufnahme reicht. In denen Fakten mit Traumwerten und billigen Fälschungen korrespondieren können. Dann an der richtigen Stelle ein falsches Wort setzen. Welch arge Gaunerei.

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