Seit Ewigkeiten

Seit Tagen und weiteren Ewigkeiten versucht Herr Nipp nun schon, seinen Freund telefonisch zu erreichen und so langsam macht er sich ehrlich Sorgen, weil weder ein Kontakt entsteht, noch eine Rückmeldung erfolgt. Auch über die vielen anderen Kanäle wie telefonische Kurznachrichten via bestimmter App und das E-Mail-System erhält er keine Antwort. Jetzt macht er sich endlich auf, um den Freund zu Hause zu besuchen, wer weiß, was da los ist. Nach dem ersten Klingeln bereits öffnet eine ältere Frau, die Herrn Nipp freundlich anschaut. “Nein, der war seit einigen Tagen nicht hier,“ Eine Antwort, die eine gewisse Unruhe auslöst. Da muss doch wirklich was im Busch sein. Normalerweise telefonieren sie ja täglich und dann meist auch länger, aber so etwas ist in den letzten Jahren nur vorgekommen…nur vorgekommen…ja, natürlich, jetzt ist ihm alles klar. Einige Tage später sitzt sein Freund Freund auf Herr Nipps Terrasse und hat leuchtende Augen. „Du brauchst nichts zu sagen, ich weiß was los ist. Natürlich. Und natürlich hast du die Welt vergessen und dein Handy hatte keinen Saft mehr oder lag im Auto. Und es ist mir natürlich klar, dass du im Bett der Freundin lagest, in die du dich Hals über Kopf verliebt hast. Das alles war ebenso natürlich auch nicht absehbar…“ “Ich habe ganz spontan eine Wanderung durch die Pyrenäen gemacht, anderthalb Wochen. Es war die Erleuchtung für mich.“

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Sitzen und reden

In einem kleinen Kreis haben sie sich angeordnet. Sie wollen miteinander sprechen, die wichtigen Probleme des Schreibens erörtern. Diese Gruppe angehender Autoren beschäftigt sich mit einer Inbrunst, das hält man kaum für möglich. Ernsthaft lesen sie gerade einen Text eines anderen Autoren, der dadurch auffällt, dass eine besondere Form des Dialogs verwendet wurde. In einer Art der Verschleppung reagieren die Figuren hier erst sehr verspätet auf die Inhalte der Aussagen und Fragen der jeweils anderen Figur. Das Gespräch läuft so ganz seltsam aneinander vorbei. Und die Nachwuchsautoren sind mehr als verwundert, dass sie so gebannt hiervon sind. “Man könnte doch auch einfach ein Gespräch aufnehmen und es dann verschriftlichen. Wäre das nicht die einfachste Methode, einen Dialog zu schreieben?“ “Vielleicht solltest du mal in eine Kneipe gehen.“ „Ich bin häufig in Kneipen unterwegs.“ „Oh nein, wie langweilig es doch ist, Leuten in der Kneipe zuzuhören, die reden oftmals vier fünf Stunden lang und irgendwie umkreisen sie die Themen mit ständigen Redundanzen.“ „Wie bitte?“, meint ein vierter Teilnehmer. “Die wiederholen sich ständig nach einer gewissen Zeit.“ „Dann gibt es die angehenden Liebespaare, da redet sie die ganze Zeit, er sagt höchstens Oh oder Ja oder etwas anderes Zustimmendes; sie ist am Ende der Meinung, dass das Gespräch doch sehr interessant war und er fragt, ob er sie noch nach Hause bringen soll.“ „Stimmt.“ „Seht ihr, genau an dieser Stelle wäre das geschriebene Gespräch beendet.“ „Wie langweilig.“

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Der Apfelprinz

Vor langen Jahren, da lebte in einem engen Tal, gar nicht weit von hier ein einsamer kleiner Prinz. Der war zwar niemals König geworden, weil einer seiner Brüder dieses Amt erhalten hatte, aber immerhin wohnte er in seinem eigenen schönen Schloss und hatte so große Ländereien, dass er ein gutes Auskommen hatte. Doch irgendwie war er immer ein bisschen unglücklich, denn er fand nirgends eine Frau, die ihn heiraten wollte, denn die meisten edlen Fräuleins sahen nur sein Äußeres und er war nun einmal sehr sehr klein. “Ach wäre ich doch größer, dann fände ich auch eine Frau, die ich lieben und heiraten könnte.“ Doch er wuchs einfach nicht. Und keine Frau wollte mit ihm sprechen, denn alle dachten, wer so klein ist, der muss auch wahnsinnig dumm und langweilig sein.
Irgendwann gewöhnte er sich an sein Alleinsein und begann damit, neue Apfelsorten zu züchten. Oft sah man ihn in einem Baum herumklettern und niemand kam auf die Idee, dass er zu klein sein könnte. Als eines Tages eine Prinzessin zufälligerweise an seinem Lieblingsapfelbaum mit den 50 Sorten vorbeiritt, sah sie den Mann da oben, der offensichtlich mit seinem Baum sprach, und fragte ihn, welche Bewandtnis es damit haben könnte. Und der Prinz erzählte ihr mit Begeisterung von seinen Apfelbäumen und wie man züchtet und veredelt. Da war die Prinzessin so begeistert, dass sie sich ganz spontan in ihn verliebte. Auch später, als die beiden geheiratet hatten, fiel ihr niemals auf, dass der Prinz ein ganzes Stück kleiner war als sie, denn einen so interessanten Mann hatte sie niemals vorher in ihrem Leben kennengelernt. Und wenn die beiden nicht gestorben sind, dann kochen sie heute noch zusammen das leckerste Apfelmus, das ihr euch vorstellen könnt.

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Klarheit

Die einleuchtendsten Antworten
brauchen keine Frage.

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Möglichkeiten

Ich könnte, denkt Herr Nipp bei sich in einem stillen Moment, als gerade gar nichts zu tun ist und andere sich des Sinns des Michttunkönnens hartnäckig vergewissern würden, auch ganz anders. Dann stünde mir die Welt offen. Ganz frei wäre ich, den Waghalsigkeiten des Lebens offen gegenüber tretend. Ja, aber all die Ungewissheiten, die dann doch auch mich zukommen oder schlimmer noch über mir hereinbrächen, wären wohl zuviel. Und so bleibt er lieber gelangweilt wartend sitzen.

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