Zehn Platten

An einem Morgen, Herr Nipp sitzt mal wieder mit einem seiner Freunde beim Frühstück, kommt die Frage auf, welche zehn Schallplatten man mitnehmen würde, wenn man nicht mehr als diese mitnehmen könne. Vorzustellen wäre etwa ein Altenheim mit wenig Platz oder noch schlimmer; ein Bunker. Jetzt macht er sich neben den sonstigen Alltagssorgen auch noch Gedanken darüber, worauf er an Musik am wenigsten verzichten möchte. Welche Künstler, welche ihrer Platten könnten es sein? Natürlich fallen ihm sofort einige ein, die er immer wieder gerne hört: Nick Cave, David Bowie, Velvet Underground, Radiohead kennt so ziemlich jeder und da weiß er auch sofort, welche Platten: The god son (So viele Erinnerungen verbinden sich mit den Liedern, schöne und schreckliche Momente, die er nicht vergessen möchte.), Ziggy Starstust and the Spiders from Mars ( Für Herrn Nipp eine Möglichkeit abzuschalten und sich gleichzeitig zu konzentrieren, außerdem oft gehört, wenn bestimmte Menschen, die ihm sehr wichtig sind, zu Besuch waren.), Andy Warhol (Seiner Meinung nach eine der spannendsten Platten überhaupt, auch wegen der Stimme von Nico, die der instrumentalen Innovationswand von Lou Reed, Moe Tucker, Sterling Morrison und John Cale eine Tiefe entgegensetzt, dass es ihm die Gänsehaut hoch und herunter über den Rücken laufen lässt.) und Ok Computer oknotok (Immer wieder umwerfend, berauschend, emotional, ein Feuerwerk an Ideen, Harmonien und Brüchen, Eine Musik, die er sich als Mantel oder Haut überziehen kann. Dann kommen da natürlich zwei Komponisten in die enge Wahl, deren Werk ihn sein ganzes Leben begleitet: Mozart und Bach, von einen das Requiem (Dafür weiß er nur eine Beschreibung: Wahnsinn.) von dem anderen die Toccata und die Fuge in D-Moll (Immer zu hören, bei allen Tagesvorgängen. Zur Meditation, zum Kochen und Putzen. Zum Schreiben, Zeichnen, Lesen, zu tiefsinnigen Gesprächen.) Damit hat er also schon sechs Platten verbraucht oder besetzt, eigentlich ganz einfach, aber ab hier wird es schwierig, soll er vielleicht auch ein Album mit Jazz einpacken? Gehören auch ganz unbekannte Bands wie etwa Yenga, Black Monsoon, Künstler wie Peter Piek dazu, die er unglaublich schätzt? Was ist mit „Monarchie und Alltag“ von den Fehlfarben, mit der „Ich- Maschine“ von Blumfeld, „Digital ist besser“ von Tocotronik oder „Statdaffe“ von Peter Fox oder doch besser eine Platte von Seeed? Liegt ihm die einstige Lieblingsplatte „Haus der Lüge“ von den Einstürzenden Neubauten noch immer am Herzen? Was ist mit Komponisten wie Michael Nyman und Gorecky? Da sind ja auch noch The Cure, Aurora, Bauhaus, Blur, Blondie, Massive Attak, Goldcut, Portishead, überhaupt Triphop, und die Ska-Musik, der Reggea, der New Wave, eine Sachen aus der Punkära, die ihn zumindest gestreift hat, eben die ganze Pop-Musik, auch wenn jetzt wahrscheinlich der große Aufschrei kommt, so viele Töne, die sich wirklich tief eingebrannt haben. Und kann er auf das Gejammer von The Smiths wirklich verzichten? Auf die Violent Femmes etwa? Auch T-Rex, ja auch die Beatles, Jesus and Mary Chains, Eminem, Aphex Twin, Biff Bang Poe, The Chills, Gorillaz, Beth Gibbons, Fad Gadget, … .
Nein, alles muss genau überdacht werden, wahrscheinlich wird er sich doch lieber einen eigenen Sampler mit Lieblingsstücken zusammenstellen, in diesem Fall auf einem digitalen Tonträger, damit er von allen persönlichen Erinnerungen etwas bei sich hat. DDann muss es eben ohne Vinyl gehen. Sollen seine Kinder doch die „Lakritzscheiben“ behalten. Und mal ehrlich, muss er sich denn wirklich schon jetzt Gedanken darüber machen?
Sein Freund macht sich jetzt bestimmt über ihn lustig, aber das ist gut, dieser hat ihm mal wieder zum Grübeln gebracht. Er freut sich schon auf den nächsten Sonntag, denn die Gespräche mit diesem schätzt er auch im Streit als wichtige Anregungen.

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