ansatzweise richtige Modelle

Damals, er hatte an jenem Abend mit dem Lieblingsonkel auf dem Balkon gesessen, wie jedes Jahr in den Bergen, jeder ein Weinglas zur Hand und eine ebensolche Flasche zu Füßen, kein besonderer, sondern wahrscheinlich Silberstückl A, trinkbares Zeug, das nicht blind machte, aber bestimmt kein Lagrein, den gab es nur für besondere Anlässe, denn alles hatte zu dieser Zeit seine Zeit und den entsprechenden Raumusste man ihm einräumen, und auf dem Balkon der Pension trank man eben einfachen Wein, er war vielleicht gerade fünfzehn Jahre alt geworden, genau das richtige Alter nacheinung des Onkels, um mal ein Glas Wein zu trinken, hatten sie mal wieder eine dieser seltsamen kleinen Disputationen begonnen, die witzig, anstrengend und sehr lehrsam waren, Herr Nipp war wohl einen Moment unaufmerksam gewesen und schon hatte jener Onkel, seines Zeichens ein sehr streitbarer katholischer Priester, ihm einige Worte untergeschoben, die all das vorher Gesagte in Anrede stellen würde. Infam. Dieser ausgefuchste Rhetoriker vor dem Herrn liebte die Kunst der boshaften Wortverdrehung, jener Rabulistik, die er seinem Neffen zu dessen späteren Nutzen beibringen wollte. Glücklicherweise bemerkte der Jungmann die Volte rechtzeitig und war in der Lage, das Gespräch auf die Ebene der Metalkommunikation zu heben. So analysierten beide eindringlich das Geschehene. Und wenn er jetzt gerade, also in der Gegenwart des Heute, mit einem Glas Lagrein, natürlich in eine Decke gehüllt, auf der eigenen Terrasse sitzt, denn der Moment ist richtig, der Ort auch, ganz abgesehen von den anwesenden Menschen, jenen denen er alles anvertrauen kann, dann muss er an den wichtigsten Satz des Abends vor Jahrzehnten denken, den ihm der Onkel mit auf den Weg gab: Neben allen Funktionen und Ebenen der Kommunikation vergessen die meisten Menschen den vielleicht wichtigsten Punkt des Sprechens immer wieder in ihren Theorien: Welche Macht der Sprecher hat, entscheidet darüber, welche Folgen das Gesprochene hat.

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