Mitbürger

Er freut sich mal wieder auf den Hobbyabend. Heute noch mehr, was nicht immer so ist, denn unten an der öffentlichen Treppe zu seinem Hobbyraum treffen sich seit jüngerer Zeit regelmäßig jeden Abend einige Junkfoodjunkies aus der Autotunerszene und andere, die einfach ein Auto haben. Dann stehen die Wagen dort Fenster an Fenster nebeneinander und die mitgebrachten Tüten mit Junkfood, die Becher mit to go -Getränken und andere mitgebrachte Nahrungsbehältnisse werden genussvoll schmatzend geleert. Fressorgie. Da reicht es dann nicht, wenn wenn ein oder zwei Hamburger hinter den Kaureihen verschwinden, es muss schon etwas mehr sein. Und zum Schluss wird dann der obligatorische Eistee mit was auch immer getrunken. So sieht für diese, naja, nennen wir sie mal Menschen das Paradies aus. Ja, Paradiese können so einfach sein. Und das Schönste daran ist, dass nach der großen Fresssause das Fenster auf der Beifahrerseite nur noch geöffnet werden muss, um die Reste zu entsorgen. Die werden herausgeschoben, man muss sich das vorstellen wie bei Küken im Nest, die ihren Kot herausdrücken, und fallen gelassen. Der Müll liegt dann fest verpackt in der braunen Tüte neben dem Auto und wenn man Glück hat, bleibt er auch in diesem Zustand. Ärgerlich wird es eigentlich erst, wenn entweder das Auto darüber fährt, damit diese Tüte dann platzt oder wenn kurz vor der Abfahrt weiterer Müll im Wagen entdeckt wird. Der wird dann lose entsorgt. Natürlich durch das Fenster, denn keiner dieser, naja, nennen wir sie mal Menschen, denn ihre Gestalt ähnelt dieser Spezies am meisten, wird sich die Mühe machen, kurz auszusteigen und alles im extra dort aufgestellten Mülleimer entsorgen. Das Auto muss nicht erst gezündet werden, da der Motor die letzte halbe Stunde im Dauerbetrieb lief. Also rollt man fröhlich und gefüllt vom Platz, vielleicht fliegt auf halbem Weg noch die Plastikflasche vom Eistee heraus.
Herr Nipp jedenfalls ist inzwischen glücklich, wenn er nur drei oder vier dieser McKotz-Tüten nebst Trägern für die Pappbecher aufheben muss. Einige dieser, naja, nennen wir sie mal Menschen, denn sie sehen rein äußerlich so aus, haben großen Spaß daran, alle Einzelteile unverpackt aus dem Fenster zu befördern, das ist dann schon eine echte Zumutung. (Hehe, das müssen die anderen Idioten dann eben aufräumen.) Aber irgendwie kriegen sie es einfach nicht anders hin.
Und Herr Nipp kann davon ausgehen, wenn er diese, naja, nennen wir sie mal Menschen, denn sie scheinen tatsächlich so etwas wie eine Sprache neben den Essgrunzlauten zu haben, auf ihre Rituale anspricht, dass es später noch schlimmer aussehen wird.
Diesen Abend aber ist alles aufgeräumt, zwei nette Herren vom Ordnungsamt waren da, haben in aller Ruhe die Situation beobachtet, die Autonummern säuberlich notiert und später die Personalien aufgenommen. Und man soll es nicht glauben, diese, naja, nennen wir sie mal Mitbürger, sie wurden schließlich aktiv, haben ganz freiwillig ihren Müll selbst weggeräumt.

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