Pinneken

Sonntags gehen die beiden ihren Spaziergang. Sein Freund nennt diese Tätigkeit Heimatkunde. Tatsächlich sprechen sie viel über die Heimat oder zumindest die Bezeihung zwischen Heimat und dem örtlichen Umfeld, in dem sie sich bewegen. In den letzten Monaten steht immer wieder die Frage im Mittelpunkt ihrer Konversationen, wie es mit dem Wald weitergehen könnte. Die Lücken, welche die Borkenkäfer, oder besser gesagt, die beiden Borkenkäferarten (Kupferstecher und Buchdrucker diskreditieren zwei wunderbare Berufe), geschlagen haben, sind leider nicht mehr zu übersehen, die Fichte ist tot. Es gibt ein altes Gedicht, das ihm immer wieder mal durch den Kopf geistert:

Willst du unseren Wald vernichten,
Pflanze Fichten, Fichten, Fichten.

Und die Fichten, die noch leben, sehen nicht gerade gesund aus. Sterben auf Raten. Der perverse Euphemismus eines „Waldumbaus“ (so als könne ein System mal eben wie ein Haus umgebaut werden) steht im Raum. Natürlich beobachten sie, wie die viel zu schweren Fäll- und Schleppfahrzeuge tiefe Furchen in den Boden schlagen, die auch in zig Jahren nicht verschwunden sein werden. Ja, Harvester mögen schnell sein, sie richten dafür nachhaltige Zerstörungen an. Waldumbau, Herr Nipp denkt bei solchen Wortschöpfungen, dass er gar nicht so viel essen kann, wie er kotzen möchte. „So viel kann man gar nicht essen“, rutscht es ihm dann beizeiten heraus und der Freund weiß natürlich nur zu genau, was damit gemeint ist. So sollten gute Beziehungen zwischen Gleichgesinnten sein, die sich über Jahrzehnte hinziehen.
Heute aber haben sie eine ganze Tasche voller Schnapsfläschchen mitgenommen, an jeder ist ein Bindfaden befestigt. Gemeinsam hängen sie diese auf Herr Nipps Lieblingsberg an einige trockene Zweige und lassen sie in der Sonne glänzen. Stolz betrachten sie ihr Werk und essen je einen mitgebrachten Berliner Ballen. Herr Nipp findet in einem Bäumchen in der Nähe eine andere winzige Schnapsflasche, nimmt sie herunter und leert sie in einem Zug. Der Freund schüttelt erst den Kopf. Einige Minuten später meint er, dass er so langsam hinter den eigenartigen Humor der Sauerländer komme.

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