Grundrauschen

Eigentlich immer sind wir davon umgeben, denkt er, diesem Grundrauschen, das uns auch ein Stück einlullt. Dass er sich über dieses Rauschen Gedanken macht, immer wieder, ist uns Lesern natürlich klar. In dieser Nacht jedoch war es besonders vorhanden. Spät nach Hause gekommen, war er quasi schlafend ins Bett gefallen. Diesen Zustand des schnell Abtauchens in Morphois Arme liebt er, nicht quälend lang hin und her wälzen, von sorgenschweren Gedanken geplagt oder nie erfüllbaren Sehnsüchten, die er sich normalerweise niemals selber zugestehen würde, nur in diesen schwachen Momenten. Dann steht er oft auf, trinkt sich noch ein Glas eisgekühlten Wassers oder liest in einem langweiligen Buch, das eben auch irgendwann endlich mal zu Ende gelesen werden muss. Irgendwann freut er sich dann, dass er das Wissen daraus nutzen kann. Vor allem sieht er aber den direkten Nutzen, müde zu werden. Ärgerlich ist es aber, wenn er aus einem traumvollen Schlaf durch das Ansteigen des Grundrauschenspegels geweckt wird. So heute Nacht. Gegen drei Uhr ging es los, der Wind frischte auf, schlug die noch immer lachsrosafarbenen Blüten der Strauchrose, die sicherlich auch einen bedeutenden Namen hat, welcher in Rosenzüchterkreisen ein Raunen hervorruft, gegen die Fensterscheiben des Schlafzimmers. Das Licht der Straßenlaternen malte verwegene Schatten. Stete Bewegung. Sobald der Wind abflaute, schlief Herr Nipp wieder ein. Wohlig sich unter die Decke kauernd. Als gegen fünf dann allerdings der Regen einsetzte, der lange erwartete Regen, hielt ihn nichts mehr im Bett, er stürzte nur mit einer knappen Hose bekleidet heraus auf die Terrasse, schloss das Wasserfass an die Dachrinne an und war zufrieden und nass. Ein neues Grundrauschen erklang, leicht plätschernd immer, aber sehr sehr schön. Er blieb wach dieses Mal, las kein langweiliges Buch, duschte schnell, zog sich an und lauschte dann in eine braune Decke mit Ärmeln gehüllt dem Regen, in Gedanken bei all jenen, die den Regen so herbeigesehnt hatten.

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