Notizbuch oder… III

Eine der wichtigsten Fragen, die sich ihm stellte, war, warum, seit er dieses Buch besaß, es schon drei Einbruchsversuche gegeben hatte. Zunächst kaum bemerkt. Beim ersten Mal hatte er natürlich gar nichts verstanden. Eine nette Bekannte aber fragte bei einem Besuch, warum denn die Bücher im Regal mit der Weltliteratur heute so ungegewöhnlich (Sie hat einen kleinen Sprachfehler und verdoppelt manchmal, ganz selten nur, das Infix ge.) stünden. Was sollte schon anders sein? „Na, du hast nun einmal alles alphabetisch angegeordnet und jetzt suche ich ein Buch und kann es nicht finden.“ „Warum suchst denn du ein Buch bei mir, das machst du doch sonst auch nicht!“ „Doch, das sage ich normalerweise aber nicht. Ich suche mir ein Buch aus, das ich immer schon mal lesen wollte und nehme es mir dann mit, beim nächsten Mal tausche ich es dann gegen ein anderes aus.“ „Das war mir wirklich nicht bekannt.“ „Brauchst du auch nicht zu wissen, du hast so viele Bücher, da fällt es mit Sicherheit nicht auf, wenn mal eines fehlt. Und du hast selber gesagt, dass ein Buch erst dann wertvoll wird, wenn es auch gelesen wird.“ „Hey, du brauchst dich wirklich nicht zu entschuldigen, das mache ich bei dir auch seit Jahren.“ „Was? Du entwendest einfach meine wertvollen Bücher, ohne zu fragen? Das ist ja wohl die Höhe.“ Wir können uns in etwa vorstellen, wie die Unterhaltung zum handfesten Streit wurde, der dann an anderer Stelle enden sollte. Darüber aber werfen wir an dieser Stelle nun wirklich das Handtuch des Schweigens. Während er also irgendwann Zeit hatte, eine Vinylscheibe von Tocotronic aufzulegen und die Anlage recht weit aufzudrehen, während sie sich ein Bier aus dem Kühlschrank nahm und eins für ihn, erklärte sie ihm, dass diese Bücherunordnung entgegegen der sonstigen Unordnung nun gar typisch für ihn sei und die beiden mussten beim Neuordnen der Sammlung festellen, dass wirklich alles durcheinander geraten war, aber nichts fehlte. Nicht einmal die Erstausgaben mit Widmungen der Autoren hatte der Dieb mitgenommen und die waren sicherlich soviel wie ein neues Buch wert. Irgendwer musst ihm da einen wirlich gemeinen Streich gespielt haben, vom vorigen auf den aktuellen Tag. Seltsam. Sie spöttelte natürlich, dass er aber auch gar nichts bemerke, nicht einmal wenn eingebrochen worden sei. Er sei manchmal so schusselig, dass man ihn klauen könne, ohne dass er etwas davon mitbekomme. „Nein, da habe ich wohl nicht aufgepasst, aber ich hatte auch genug damit zu tun, die ganze Kleidung wieder in den Schrank zu legen, die gestern abend wohl herausgefallen ist. Ein unglaubliches Chaos.“

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