Stifte

Zwischen all den Papieren, die sich auf dem Tisch türmen, vermutet Herr Nipp den neuen Füllfederhalter, den er sich vor einigen Tagen gekauft hat. Ein schönes Stück in schwarz. Aufziehfüller nach klassischem Vorbild. Er liebt solche Kleinode, weil es einfach Freude macht, damit zu kritzeln, zu schreiben oder sie als reine Handschmeichler zu betasten und zwischen den Fingern zu wiegen. Er muss das Schreibgerät finden und zwar sofort. Ein Gedanke ist festzuhalten und er kann es hassen wenn er grad wie immer nichts zu schreiben bei sich hat. Wieviele Texte mögen deswegen auf der ganzen Welt schon verloren gegangen worden sein. Auch wenn sein Vater bei vergessenen Gedanken immer gesagt hat, wenn vergessen, seien sie nicht so wichtig gewesen. Herr Nipp glaubt, die Welt wäre schon sehr viel weiter, wenn die Menschen alle Stift und Block bei sich hätten. Jederzeit könnten sie in dem Moment als wichtig erachtete Dinge festhalten und jeder Mensch wird irgendwann einen Gedanken haben, der die Welt verändern kann. Aber seinen neuen Füller findet es nicht. Mist. In der Schublade „Wenn nicht da, wo sonst“ bewahrt er hunderte Stifte auf. Er greift sich einen, schreibt, die Zunge zwischen den gebleckten Zähnen: „Die Welt verstehen musst du nicht, aber wer noch nicht einmal begreift, dass jeder Mensch wichtig ist, der hat gar nichts verstanden.“ Der Kugelschreiber schreibt auch, nicht so schön, aber er schreibt. Da kommt einer der Mitbewohner herein. „Ich habe zwischen deinem Zeitungsberg einen Füller gefunden und erstmal gesichert. Der schreibt echt gut. Darf ich den behalten?“

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