Verschlafen

Gestern abends auf dem Weg nach Hause hatte er noch daran gedacht und dann zu Hause angekommen den Schlamassel vorgefunden, ein Blumentopf, der, wohl in Komplizenschaft mit einer Katze, den Weg von einem Mäuerchen auf den Boden gefunden hatte. Er hatte auch sofort die eine Katze in Verdacht, die einzige eigentlich, die die Schuldige sein konnte, aber zu beweisen war das in der Dunkelheit natürlich nicht. Wer sucht auch schon nach Beweisen, wenn der Umstand selbst nicht mehr zu ändern ist. (Anmerkung des Erzählers: Ich liebe es, wenn Fragen als Aussagen behandelt werden.) Er beseitigte also die Folgen des kleinen Unfalls und musste dabei sich selbst einräumen, dass der Topf doch etwas unsicher und kippelig auf der Lieblingsmauer gestanden habe. Die Blume jedenfalls hatte nichts abbekommen und wurde ergo schnell bei relativer Dunkelheit, nämlich der Straßenbeleuchtung im Vorgarten untergebracht, für den sie sowieso gedacht gewesen war. Schnell noch einen Eimer Wasser abgefüllt und das Wurzelwerk damit ordentlich eingeschlämmt. Die Hände gewaschen, nicht in Unschuld, sondern Wasser, umgezogen und dann ins Bett. Dort fiel ihm dann wieder ein, was er auf dem Heimweg als Plan mit sich getragen hatte. Egal. Herr Nipp konnte immer schon, wenn er müde war, auch mit schwersten Gedanken und Gemütsverschiebungen schnell einschlafen. Keine zwei Minuten nach dem Werk der Zahnbürste.
Morgens wachte er munter auf, blieb aber mit der Tagesplanung noch im Bett liegen, dachte an die Pflastersteine, die endlich beiseite geräumt werden müssten und die Haustür (der unbedingt noch eine kleine Geschichte gewidmet werden müsste, aber das vielleicht später, mal sehen), die doch wirklich endlich zu Ende abgeschliffen werden musste. Er dachte über die Papiere nach, die seit Wochen auf dem Schreibtisch lagen und zu denen er aus Gründen des ewigen Prokrastinierens noch keine Zeit, noch weniger allerdings Lust und Zugang gefunden hatte. Was liegt, liegt. Und dann das Geräusch, ein erstes Mal, ein zweites Mal, ein Dämmern, ein Sprung aus dem Bett, der weiße Wagen direkt vor der eigenen Tür, während die Hose erst halb über das erste Bein gezogen war. Der weiße Wagen schon ein Haus weiter, als die Hose fertig. Der Weiße Wagen schon drei Häuser weiter, als er endlich den zweiten Schuh an hatte. Und dann die Ernüchterung. Er hatte verschlafen. Der gelbe Sack mit dem Plastikmüll würde eben noch einige Wochen im Kellerschacht liegen.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.