Nein, ein Umweltaktivist ist Herr Nipp beileibe nicht, das sieht er auch nicht als seine Aufgabe an. Aber er beobachtet gerne die Natur oder das, was davon hierzulande noch geblieben ist. Er sieht mit großem Bedauern, das Veröden der Städte, weil sich faule Häuslebesitzer eher an der Sterilität von Schottergärten erfreuen, als an lebenden Organismen. Wie kann es sein, dass sich derzeit gleich Tausende von ihnen Sichtbarriern aus Plastik und Metall um den Garten stellen oder diese unglaublich hübschen Gabionen? Wie kann es sein, dass der Absatz von Kunststoffpflanzen für den Außenbereich geradezu explosiv zunimmt? Wie kann es sein, dass Menschen freiwillig Natursteine zum Entsorger bringen und diese durch Beton ersetzen? Herr Nipp fragt sich dann, wie es den Baumärkten gelingen konnte, die Wahrnehmung der Ästhetik bei einem großen Teil der Bevölkerung so umzudrehen. Ja, sie lieben wohl Hochglanzmagazine mit wohlklingenden Namen wie „Mein schöner Garten“ oder „Landlust“, es reicht ihnen allerdings offensichtlich, den Schein der Natur auf Bildern zu betrachten. Einige von diesen Menschen glauben wahrscheinlich, kann er sich zumindest vorstellen, diese arrangierten Fotos hätten irgendetwas mit Realität zu tun. Er staunt darüber, dass sein Garten es schafft, jeden Tag vom Frühjahr bis in den Herbst rund zehn Kilogramm Biomasse zu produzieren. Dass seine Komposter mit Hilfe von Milliarden Tieren und Bakterien, Pilzen und Algen daraus einen wunderbaren biologischen Dünger herstellen, den er jedes Jahr für seine Pflanzen nutzen kann. Und natürlich hat er Spaß daran, im Garten zu arbeiten, auch wenn bei ihm das Ergebnis noch niemals Ordnung war. Er guckt tatsächlich mit Genugtuung auf seine schmutzigen Hände und ärgert sich ganz ehrlich, wenn es schon Abend ist. Der Garten ist für ihn keine Liegewiese, sondern ein aktiver Erholungsraum, in dem er Gedanken entwickeln kann. Er freut sich darüber, dass er gestern eine Biene gesehen hat, die er noch nicht kannte, darüber allerdings auch, dass von gleich zwei Seiten digitale Fotos gekommen sind, die fragten, ob er das abgebildete Tier, ein Taubenschwänzchen, kenne oder einen Hinwies geben könne, worum es sich handelt.
Wenn er eine Idee hat, sich in irgendeiner Weise zu engagieren, findet er meist auch einen Weg dahin. Das heißt aber nicht, dass er sich an einen Baum ketten würde oder ähnliche Aktivitäten von Aktivisten. Er würde einen Platz für einen neuen Baum suchen. Vielleicht würde er auch Apfelbäume an Kinder verteilen, damit diese lernen, sich um ein Lebewesen zu kümmern. Wahrscheinlich würde Herr Nipp genau diesen Kindern auch beibringen wollen, wie man einen Obstbaum veredelt und dass Läuse eben dazu gehören, nicht aber Gift, das die Läuse killt. Vielleicht würde er den Kindern auch klarmachen, dass die Läuse innerhalb des sozialen Tiersystems eben keine Schmarotzer oder Schädlinge sind, sondern sie ganz neben ihrer Tätigkeit des Saftsaugens auch noch Ameisen mit wichtigen Kohlehydraten versorgen und selber Nahrungsgrundlage für für die ach so putzigen Marienkäfer sind (das sind nämlich gefräßige Raubtiere, die täglich mal eben einige Dutzend andere Tiere töten und verzehren, nämlich Läuse…)
Wir wollen aber aus Herrn Nipp niemanden machen, der besser ist als andere. Auch er fährt Auto, auch er verbraucht Erdgas und Holz, um es im Winter warm zu haben. Und letztens hat er sogar selber voller Scham Giftköder auslegen müssen, weil er Ratten zu bekämpfen hatte. Wo Licht ist, muss auch Schatten sein. Und wer aktiv wird für die Natur, muss manchmal eben auch Kompromisse machen. Nein, Umweltaktivist ist Herr Nipp beileibe nicht.
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