Bastkorb

Wenn es gelingen sollte, dachte er, einen einfachen Bastkorb, der innen mit einem geblümten Stoff ausgeschlagen ist und als Wäschekorb oder vielleicht sogar als Papiereimer dienen könnte, über ein oder zwei Seiten zu beschreiben, ohne dass der Leser sofort das Wortgenerierungsgerät ausschaltet oder das Buch als Schund an die Seite legt, dann könnte man jenem sicherlich alles zumuten. Damit meinte er natürlich Texte, nicht so sehr Taten oder andere Gegenstände, denn die müssten schon als Formen der Kunst, als Readymades oder Performance vermarktet werden. Wer aber, so gingen seine Gedanken jenen holprigen Weg des Konjunktivs weiter, würde schon seine wertvolle Zeit darauf verschwenden, einen Bastkorb zu beschreiben, wie Musil dies mit einem Fliegenpapier gemacht hatte, wie es Jan Wagner in einem Gedicht mit einem Teebeutel geradezu zelebriert hatte? Herr Nipp war sich sicher, dass ein solches Vorhaben erst dann die Literaturwelt begeistern würde, wenn ein dotierter Wettbewerb ausgeschrieben wäre. Ja, wenn die in Not darbenden Schriftsteller und jene, die es aus reiner Lust und Neugier tun, weil sie, abgesichert durch einen Beruf, gar nicht darauf angewiesen sind, irgendetwas erfolgreich zu veröffentlichen, Aussicht auf einen monetären Nutzen hätten. Es könnte aber sehr lustig sein, wenn jeder Wortkünstler sich tatsächlich die Zeit nähme, den Papierkorb im Arbeitszimmer als Grundlage eines Textes zu wählen. Sicher, den meisten reicht es auch, einfach zu wissen, woraus der Korb geflochten ist und wie er aussieht, aber vielleicht wären so viele andere Dinge damit verbunden. Die Sache mit den Kindern vielleicht, die ihn ausgeräumt haben, um ihn beim Ritterspielen als Helm aufzusetzen oder das regelmäßige Ersetzen des mobilen Möbelstücks, weil der Autor immer wieder seine Wut über misslungene Texte an ihm auslässt und ihn per Fußtritt in die nächste Zimmerecke befördert. Einige würden vielleicht auch die Fundstücke beschreiben, die sich in den letzten Jahrzehnten in den verschiedenen durchwühlten Behältnissen gefunden haben. Vielleicht gibt es auch einen Autoren, der sich auf seinen Lesereisen jeden Abend in einem anderen Hotelzimmer findet und vom Mal zu Mal erkennen muss, dieses Behältnis ist das wahre Aushängeschild, denn es offenbart den Umgang mit den Resten des Besuchers. Den meisten Lesern allerdings würde vor Augen geführt, dass es jeder Gegenstand wert sein könnte, ihn einmal genau zu betrachten, weil jeder auch in der Lage ist, etwas über die Kultur zu erzählen.

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