Fenster auf

Alle Welt stöhnt unter den Temperaturen, vor allem aber die Bekannten, mit welchen er sich umgibt. Die einen stehen kurz davor zusammen zu brechen, die anderen sind es schon und einige wenige nutzen das Wetter, um endlich einmal ungestört mit dem Rad durch den Wald zu fahren. Herr Nipp hat sich sein schnöttegrünes Altrad flott gemacht und sitzt seit Stunden im Sattel. Er will die Natur genießen, so wie er es früher gerne schon gemacht hat. Damals, als er noch jung war, sich aber vor allem auch so fühlte. Über Steine und durch ausgetrocknete Pfützenreste findet er seine Wege. Ein wunderschöner großer Schillerfalter empfängt ihn schon zu Beginn, sitzt auf dem Weg und fliegt immer wieder auf, vor ihm her, setzt sich erneut, so als würde er mit dem Radfahrer spielen. Irgendwann fliegt er zu Seite weg, ist des Spiels schnell überdrüssig geworden. Warum sollte er auch für solche Tändelei die Energie verbrauchen, die eigentlich für die Suche nach einem Partner aufgebracht werden sollte. Es ist ziemlich heiß. Irgendwo muss er was zu trinken finden, zur Not wohl auch einen veritablen Pferdeapfel, der immerhin genügend Feuchtigkeit enthält. Auch eine Eidechse huscht ihm über den Weg, vor allem aber kommen ihm auf der ganzen Strecke gerade mal drei andere Menschen auf Drahteseln entgegen. Die natürlich alle in vollem Montainbiker-Outfit. Bunt und Werbung – die perfekte Nonkonformistenuniform. Herr Nipp hat selber lediglich eine halblange Jeans an, kein Shirt, nichts Störendes. Er genießt die Luft, die nur deshalb kühl erscheint, weil der Schweiß direkt im Fahrtwind trocknet. Er genießt das Grün des Waldes, die Vögel und anderen Tiere, die durch das Geäst huschen, einige Male sieht er sogar welche. Vom Rotkehlchen bis zum Specht. Er genieß das Gesurr der Hummeln und Bienen, der Käfer und anderen Insekten. Alles erscheint ihm an diesem Tag schön.

Erst abends bemerkt er die drei dicken roten Flecken, welche die Stechfliegen auf seinem Oberkörper hinterlassen haben.

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