Vorsorge – oder ein unwahrscheinliches Gefühl von Panik

Fast gehetzt stapft er durch die Straßenschluchten seiner Heimatstadt, weiß nicht wohin. Wohin könnte er sich in dieser Situation schon wenden? Wo jemanden finden, der ihm nun, da er nicht mehr weiter weiß, helfen kann? Es ist nicht gerade die Tageszeit, zu welcher man jemanden findet, das weiß er wohl, gegen vier Uhr morgens sind die Straßen leergefegt, die braven Bürger liegen in ihren warmen Betten. Er setzt sich zwischendurch auch mal hin, ruht kurz, nur um gehetzter wieder aufzuspringen und in der nächsten Gasse, dem nächsten Straßenverlauf endlich jemanden zu finden. Erfolglos, es wird sich auch niemand finden, auch die nächsten Stunden nicht, denn die Zeitungsverteiler sind immer schneller, ihm einen Schritt voraus und sie hören nicht auf sein stummes Rufen. Seine verzweifelten Blicke wissen sie nicht zu deuten. Die Füße tun ihm weh, denn in den Schlappen lässt sich nicht besonders gut laufen, hinten offen, mit weicher Ledersohle, filziges Obermaterial, sind sie gerade mal dazu tauglich, in der Wohnung auf den wenigen Wegen vom Schlafzimmer in die Küche, vom Wohnzimmer ins Bad, dem Fuß Halt zu geben, ihn nicht zur Seite abrutschen zu lassen. Auch die Beinkleider, die kaum als Hose zu bezeichnen sind, bieten der Haut keinen oder kaum Schutz gegen die Kühle der Nacht. Sein Hemd lässt sich nicht schließen, der letzte Knopf war ihm vor Stunden abhanden gekommen, als er in Panik in der Gartentür hängen blieb. So ungeschützt fühlt er sich dieser Welt ausgesetzt, findet niemanden, den er ansprechen, den er um Hilfe anflehen könnte. Er war aus einem Albtraum aufgeschreckt aus dem Haus gelaufen, hatte den Schlüssel nicht gegriffen, die Tür war ihm in seinem Wahn vor der Nase zugeschlagen, niemand könnte ihm öffnen, denn in seiner Eremitage wohnte nur er. Er hatte gelernt, allein zurecht zu kommen, auf niemandes Hilfe zu vertrauen oder dessen Begehren Rücksicht nehmen zu müssen. Nun also steckte er in diesem Dilemma und wusste nicht ein noch aus.

Solcherart waren in diesen Tagen Herrn Nipps Träume, so dass er, wenn er schließlich doch aufwachte, immer befürchtete, auf einer Stadtparkbank zu liegen. Unter sich und auch bedeckt mit den Zeitungen der letzten Tage, die er vielleicht im Mülleimer gefunden hatte. Nichts ist dann so interessant wie das Nachrichtenblatt von gestern. Schon allein aus diesem Grund hatte er sich kürzlich einen Schlafanzug zugelegt, welcher auch in der Öffentlichkeit durchaus tragbar genannt werden konnte, welcher in gewisser Weise sogar gegen die Unbilden der Sommernächte schützen würde. Und seine Hausschlappen hatten nun eine feste Sohle und die Möglichkeit, hinten mit einem Riemen gespannt zu werden.

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