Leere Taschen

Beherzt greift Herr Nipp in seine Jackentasche, die frischen Bioeier vom Marktstand zu bezahlen. Sie sind zwar etwas teurer als die aus dem Supermarkt, zehn Stück kosten in Klasse M immerhin 4,50 Euro, doch der Geschmack rechtfertigt dies. Schließlich wird sich auch niemand darüber aufregen, dass ein guter Wein mehr kostet als der Tetrapackfusel, welcher als „Pennerglück“ Karriere gemacht hat (Jegliche Aufregung wegen dieses Begriffs bitte ich direkt hier wieder in der aufgeplusterten Einkaufstasche verschwinden zu lassen. Seien Sie bitte ehrlich, lieber Leser, manche Wörter des täglichen Gebrauchs will man wirklich nicht in Texten sehen, vor allem deshalb, weil man sich selbst ertappt fühlt. Wer sein eigenes Denken so radikal redigieren würde, wie dies mit öffentlichen Texten oftmals geschieht, könnte wahrscheinlich auch gleich ins Kloster gehen.).

Diese Eier haben es in sich. Das Gelb ist blassgelb, nicht dieses Kraftfutterorange. Im Eiweiß findet sich meist ein sogenannter Hahnentritt, Zeichen dafür, dass die Hühner vor dem Legen auch ihren Spaß hatten. Gefüttert wird das Hühnervieh mit Hülsenfrüchten und Korn, den Rest finden sie beim Scharren. Abwechslungsreich. Mit mehrfach bestätigter Sicherheit aber werden keine Fischreste zugemischt, nach denen andere Eier oft widerlich stinken. Herr Nipp hat immer ein gutes Gefühl, wenn er früh morgens mit eigenem Namen begrüßt wird, er einen netten Plausch führt.

An diesem Morgen ist er nicht allein am Stand, neben ihm stehen drei weitere männliche Kunden, alle offensichtlich selbstzufrieden alleinstehende Männer mit ungebügelten Hosen. Die Jacken sind ebenso offensichtlich im Outdoorshop erworben, auch die Schuhe weisen auf die gerne ausgeübte Freiluftfreizeit hin. Der Bauer führt gerade ein Gespräch über den alten Volvo, der nun, nach fast dreißig Jahren einem neuen Gefährt weichen muss. Man fachsimpelt darüber, ob es nun denn ein Dacia sein soll, weil der so einfach gehalten ist, oder es wieder ein Schwede werden wird. Nein, dazu hat unser Alltagsheld nun wirklich keine klare Meinung, er ist mit seinem verbeulten Volkswagen eigentlich recht zufrieden, hält es aber auch nicht für so elementar, sich Gedanken über Automarken zu machen. Hauptsache, das fahrbare Gefährt kann transportieren, fertig. Er muss außerdem weiter, hat noch einiges vor.

Als er sein Portemonnaie ziehen will, muss er feststellen, dass dieses nicht da ist. „Kannst nächste Woche bezahlen, du kommst ja sowieso!“

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