Gezeitengespräch XV

Zeitnah (schon wieder): Ich weiß wohl, das war ein Schlag in den Nacken, nicht absehbar, nicht vorhergesehen. Im Jetzt stehen wir auf Messers Schneide. Ist denn nicht das Jetzt die kürzeste Zeitmöglichkeit? Wie oft gehe ich durch die Straßen und frage mich, warum die Dinge scheinbar Bestand haben. Wir erleben sie im Hier, im Vergleich zur Vergangenheit. Eine Perspektive ins Morgen haben wir nur ansatzweise. Nur ansatzweise. Genau deshalb können wir lieben. Heute.

Zeitfern: Natürlich ist es die kürzeste Zeitmöglichkeit. Jetzt. Und nochmal, mit allen Entbehrungen (kurze Arme) was bewegen wollen. Natürlich tut man das. Und scheinbar erfolgreich für den eigenen Kopf. Nur das zählt. Sich verzetteln natürlich. Nicht wissen, was kommt. Aber wissen, aus der eigenen Handlung entsteht etwas. Viel mehr als nichts. Und das jeden Tag. Sich selbst überraschen. Und Überraschung andern. Trotzdem ist es bequemer, in der Vergangenheit zu wühlen. Wie die Schweine im Mist. Alles riecht gleich, egal wie tief du in der Scheiße wühlst. Das Leben besteht auch aus Wühlen in der Vergangenheit. Ein Körnchen oder mehr schmeckt dann. Erkenntnis? Nein. Aber Basis.

Im Waldherbst Pestwurz geschnitten. Gepresst. Die Blattlöcher bewundert. Solche Löcher kann man nicht erfinden. Abgesprüht auf Karton. Ein Baum des Lebens, kurz vor dem Hinabsinken. Die Vögel singen weniger. Warum ist es so still? Nur die Mistel noch grün. Glück? Das haben wir. Auch im Winter.

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