V.II.Richtig zitieren-2.Teil

Es lohnt sich andererseits auch von Zeit zu Zeit ein sinnvolles Namedropping zu praktizieren, das hilft durch die Autorität der Berühmtheit, eine noch so schwachsinnige Theorie zu untermauern. Setzen Sie den betreffenden Satz, der Ihre These untermauert, dann einfach in Anführungszeichen und schreiben Sie in Klammern den Namen dahinter. Im Literaturverzeichnis verweisen Sie einfach auf irgendeines der Bücher des Gedankenausleihers, es wird schon niemand kontrollieren. Ober glauben Sie, auch nur einer ihrer Leser wird ins Antiquariat gehen und nach einer Ausgabe suchen, die es im normalen Handel schon seit Jahren nicht mehr gibt? Die durchschnittliche Hausbibliothek besteht heute aus dreißig bis vierzig Büchern, Sie brauchen also keine Angst zu haben, dass einer Ihrer Leser das betreffende Werk zu Hause stehen hat. Eher gehört Ihre Leserin zu der größer werdenden Gruppe von Weltverbesserern, die ausgelesene Bücher in der freien Wildbahn der Großstadt aussetzen, auf dass andere in den Genuss des Lesens kommen.

Andere Ideen und Sätze sollten Sie der Einfachheit halber einfach umstellen und paraphrasieren, dann kann man auch die vielen schönen Fachbegriffe verwenden und so tun, als sei man selber schlau. Der berühmteste Spruch von Descartes: Ich denke, also bin ich. Wird auf diese Weise zu „Da ich bin, muss ich auch denken, sonst wär ich ja gar nicht.“ Schlüssig, nicht wahr?

Nutzen Sie auf jeden Fall nur Zitate bekannter Menschen (also solche, die auch Sie kennen), das ist eine sinnvolle Werbestrategie, auf diese Weise können Sie darlegen, in welcher großen Denktradition Sie eigentlich stehen. Sie können aber auch ganz anders vorgehen. Behaupten Sie doch einfach, der oder jene Berühmtheit habe in einem privaten und sehr intensiven Gespräch Folgendes geäußert. Wer sagt denn, es gäbe nur einen Heiner Müller, nur eine Frau Merkel in diesem Land. Niemand muss doch erfahren, dass Ihre so offensichtliche Berühmtheit eigentlich bei der Deutschen Bahn als Schaffner oder im Stehcafé nebenan arbeitet.

Völlig abstruse und abseitige Theorien sollten allerdings nur von Leuten übernommen werden, die auch tatsächlich inklusive Textauszug recherchierbar sind. Reißen dabei immer Sätze aus dem Zusammenhang. Vielleicht haben Sie ja schon einmal den Klappentext eines Romans gelesen. Selbst eine völlig vernichtende Kritik in jeglicher Zeitung kann für die eigenen Zwecke ausgeschlachtet werden. Nehmen wir einmal an, dort hätte ursprünglich gestanden: “N.N.’s Debütroman kann nur aufregen. Er ist naiv und stilistisch so platt verfasst, dass daneben Holland als Gebirge erscheint. Ohne zu übertreiben ein echter Roman für die Altpapiertonne, ohne Umwege!“ Daraus entnimmt der Verlag: „N.N.’s Debütroman kann nur aufregen […] Ohne zu übertreiben ein echter Roman […]“ Sehen Sie? Kreativität ist von Ihnen gefragt. Aus dem Zusammenhang gerissene Sätze können so ziemlich alles untermauern, was Sie sich vorstellen können. Wie sagte schon der berühmte Sauerländer Landschaftsmaler Karl-Heinz Schmidt? „Ich nutze, was ich brauche und verwerfe, was unbrauchbar ist.“

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