V. I. Richtig zitieren-1.Teil

Glauben Sie uns, wir schreiben hier keine Doktorarbeit und auch keine Habilitation, denn keiner von uns hat den Anspruch, irgendwann an die Universität zu gehen und das zu unterrichten, was hier verzapft wird. Oder können Sie sich vorstellen, dass es irgendwann einen Lehrstuhl zum Thema „Ratgeber verfassen – angewandte Sprachwissenschaften“ gibt? Wer möchte denn einen dieser völlig unterbezahlten Jobs dort, mal ehrlich, dafür sind Sie und ich doch viel zu hoch qualifiziert. Was diese Damen und Herren dort sich mühsam angelesen haben, das wissen wir durch unser Leben und Probieren geht doch schließlich noch immer über Studieren, das sagt schon dieses alte Sprichwort. Und da es alt ist, muss es auch wahr sein. Also werden Sie auch nicht darüber stürzen, dass Sie sich schamlos am Gedankengut anderer Menschen vergreifen. Borgen Sie sich die Wörter aus, die Sie nicht so gut formulieren können, wie sie es irgendwann mal gelesen haben.

Mal ehrlich, das Rad kann schließlich auch nicht immer wieder neu erfunden werden, aber man darf es für die eigenen Zwecke durchaus optimieren. Stellen Sie sich nur vor, unsere heutigen Autos würden immer noch mit massiven Holzrädern durch die Landschaft rattern, Räder, auf denen eine Spitzengeschwindigkeit von 22,5 km/h erreicht werden kann (bei Gefahr des Achsenbruchs). Nein, das will sich doch niemand ernsthaft vorstellen müssen. Auch wenn die derzeitige tatsächliche Durchschnittsgeschwindigkeit in Großstädten nicht viel höher liegt. Vor allem zu sogenannten Stoßzeiten, wenn man die Ampelwartezeiten mitrechnet. Wir wollen lieber blitzende Metallfelgen mit möglichst breiter Gummibereifung. Stellen Sie sich nur mal vor, Sie hätten eine Panne und müssten zentnerschwere Holzräder wechseln. Sie schaffen es doch nicht einmal ernsthaft, ein modernes Rad zu wechseln! Der einzige Vorteil wäre zu heute, dass ein Speichenbruch wahrscheinlich auch mit einer stabilen Holzlatte aus dem nächstbesten Zaun notdürftig behoben werden könnte. Unsere Schlussfolgerung hieraus kann eigentlich nur lauten: Sie müssen sich nicht neu erfinden, sollten aber durch Innovation und sinnvollen geistigen Diebstahl alles Gefundene optimieren. Getreu dem Motto: Pimp your thoughts. Haben Sie dabei bitte keine, überhaupt keine Gewissensbisse, denn wenn es ums Geld geht, dann sollte jeder wirklich nur an sich denken. Einstein hat doch schließlich auch nicht die allgemeine  und spezielle Relativität erfunden, sondern nur beschrieben. Er hat sie nur definiert und berechnet – und sowas will Nobelpreisträger sein. Grass hat in seinem Roman „Die Blechtrommel“ auch nur ein literarisches Bild einer bestimmten Zeit gezeichnet und hat ebenfalls einen Nobelpreis erhalten. Sie sehen also, dass man nichts neu erfinden muss, es will einfach gefunden und beschrieben werden. Finden Sie also nur so drauf los. Die Folge wird für Sie ähnlich wie bei dem weißhaarigen Wissenschaftler und jenem notorischen Pfeifenraucher mit Schnauzbärten sein: Sie werden berühmt.

Wenn Sie also zu einem bekannten Problem vorhandenes Wissen oder Fastwissen (nobel als Theorie oder noch vager als Hypothese beschrieben) mit Ihren eigenen, vielleicht auch etwas kruden Gedanken vermischen und durch den Hochgeschwindigkeitsmixer jagen, alles gut durchschütteln und den Menschen als neuartigen Cocktail anbieten, so ist das absolut legitim. Andere machen es doch schließlich genauso. Also ran an den Speck. Seien Sie ruhig völlig dreist dabei und stellen Sie doch einfach die Gedanken anderer Menschen als ihre eigenen dar. Immer daran denkend, dass Sie das Rad nicht neu erfinden mussten, um es zu nutzen, von A nach B zu kommen.

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