III.II Gestaltung von Kapiteln, auch wenn es eigentlich nichts zu sagen gibt.

Stellen Sie sich, liebe Fanatikerin der Wahrheit, den Leser Ihres Buches als ebensolches Kind vor. Ein sehr wissbegieriges Wesen, das jede Einzelheit ausgelotet haben möchte. Aber nicht zu tiefgehend und vor allem auf keinen Fall mit einer Sprache, die in irgendeiner Weise an Wissenschaftlichkeit erinnert. Der Leser möchte eine nette Plauderstunde mit Mehrwert. Also beginnen wir einmal mit einer Vorüberlegung. Wer einen Glücksratgeber kauft, der wird sich vom Glück wahrscheinlich ziemlich vernachlässigt fühlen oder er ist einfach ganz ausgesprochen unglücklich. Er oder sie möchte nun wissen, wie man zum Glück gelangt. Aber so einfach sollten und wollen wir es dem Leser eben auch nicht machen. Er oder noch wahrscheinlicher sie soll schließlich das ganze Buch lesen und wenn möglich auch noch ein zweites. Jede Seite soll ihm oder ihr ein persönlicher Gewinn sein. Also, ja, das haben Sie richtig erkannt, sollten die ersten Kapitel sich mit dem Gegenteil vom Glück, dem Unglück beschäftigen und eine Ungläcksanamnese darstellen.

A: Warum die heutige Gesellschaft unglücklich macht

B: Warum ich alles schwarz und grau sehe

C: Mein persönliches Unglück

Daraus folgt ganz logisch ein zweiter Schritt. Sie müssen den Wegweiser zu Ihrem Wege geben. Der Leser möchte bestätigt haben, dass es gut ist, auf die Erfahrungen und im Zweifelsfall völlig verpeilten Theorien anderer Menschen zu hören, selbst wenn diese noch nicht einmal in der Lage sind, sich selber ein Frühstücksbrot zu schmieren und das immer noch von Mutti oder der eigenen Frau machen lassen. Sie vertrauen schließlich auch nicht Ihrem eigenen Menschenverstand, da Sie alles durch eine gräuliche Brille der abgestumpften Bitterkeit sehen. Bieten Sie also eine erste Perspektive:

D: Ansätze zur Selbstreflexion

E: Warum es sinnvoll ist, Hilfe zu suchen

Jetzt haben Sie ihn oder sie endgültig im Sack, da muss eigentlich jeder Betroffene weiterlesen. Das Gute an dieser Form der Aufbereitung ist zudem noch, dass diese ersten Kapitel problemlos im Internet veröffentlicht werden können. Sie verraten ja hier auch noch keine Geheimnisse (Wahrscheinlich haben sie auch keine zu bieten, aber das muss der zukünftige Käufer ja nicht wissen). Erst jetzt kommen wir nämlich zur Grundaussage zurück, die auseinandergenommen folgendermaßen professionalisiert wirkt:

F: So kann man nach Glück suchen

G: Erste Schritte auf dem Weg

H: Vorurteile über Bord werfen, eine neue Offenheit

I: Sich selbst motivieren

J: Potentiale entdecken

K: Glück finden

L: Glück teilen

Sie sehen: Ein grundlegender Gedanke enthält mindestens zwölf weitere Fragestellungen. Zwölf Kapitel sind übrigens ganz nebenbei auch sehr schön, denn hier handelt es sich um eine althergebrachte und vor allem wahnsinnig symbolische Zahl. Also nennen Sie doch einfach ihren Ratgeber: „12 Wege zum Glück – wie man sucht und findet!“

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