1783 Wege zu Glück und Erfolg – oder wie man einen Ratgeber schreibt – 3.Teil

Vorwort III

Sie, mein lieber Leser, wollen sich ja mit ganz anderen Problemen beschäftigen. Mit den Problemen ihrer Leser nämlich, die, wenn sie noch nicht vorhanden sind, auch noch von Ihnen geschaffen oder zumindest ins Bewusstsein gehoben werden müssen. Also wieso sollte hier, an dieser doch so unscheinbaren Stelle, abgeschweift werden, wo wir doch beide wissen, dass die meisten Leser das Vorwort wohl wahrnehmen und es vermissen würden, wäre es nicht vorhanden, es jedoch trotzdem niemals gelesen werden wird. Andererseits kann ich ja gerade in diesem Wissen zuweilen mal völlig abschweifen, erstens bemerkt es offensichtlich niemand und zweitens zahlt der Verleger für jede weitere Seite ein durchaus ansehnliches  Honorar. Aber bitte verraten Sie es ihm auf gar keinen Fall. Erstens nämlich muss dieses Buch ja voll werden und die angestrebte Seitenzahl war schon in den Besprechungen kaum zu halten. Außerdem sähe es ziemlich blöd aus, wären die letzten Seiten weiß. Das bringt mich auf eine Idee:

Die letzten sechzehn Seiten Ihres Ratgebers sollten liniert aber leer sein, schreiben Sie über diesen Teil des Buches einfach „Platz für eigene Notizen“. Das macht ihren Ratgeber zu einem Mitmachinstrument und der potentielle Leser fühlt sich noch ernster genommen. Sie sehen hier schon, jeder noch so absurde Seitengedanke kann ausgeschlachtet werden, zu Ihrem Nutzen, zum scheinbaren Nutzen des Konsumenten.

Desweiteren sollten sie natürlich im Vorwort auf den nächsten Ratgeber hinweisen, der in Vorbereitung ist. Die Menschen sind es spätestens seit den Zeitungsromanen von Dickens und Co. gewohnt, dass alles Geschriebene auch eine Fortsetzung erhält. Halten Sie also schon mal die Möhre hin, mit der der Esel gelockt werden soll. Mir selbst wäre es natürlich viel zu banal auf den in drei Monaten erscheinenden Ratgeber „Von seltsamen Wesen – Wie schreibe ich einen Bestseller der Fantasy – Literatur“ und das in sechs Monaten erscheinende Grundlagenwerk „Herzschmerz und treue Augen – über das Verfassen von Liebesromanen“ an dieser Stelle hinzuweisen. Schon alleine deshalb, weil ich vermute, dass Sie viel zu intelligent sind; so eine platte Masche kann Sie nicht packen. Auch wenn es natürlich juckt, mal ganz andere Sachen zu verfassen. Und Ratgeber werden ja auch schließlich selten verfilmt. Aber die eigenen Texte verfilmt zu sehen, ist doch noch einmal eine ganz andere Kategorie. Vor einigen Jahren verfasste ich übrigens den sehr erfolgreichen Ratgeber „Klappe eins, die erste – vom Roman zum Drehbuch“, der demnächst in 22. Auflage erscheinen wird. Schon an dieser Zahl können Sie erkennen, wie erfolgreich unsere Primärliteratur der Menschenführung sein kann. Nein, ich werde absolut keine Werbung für diese drei Bücher machen, das fände ich an dieser Stelle nun wirklich unstatthaft, auch wenn Sie hiermit natürlich zu literarischen Höhenflügen animiert würden. Die bisherigen Erfahrungen mit Probelesern haben in langwierigen Studien erbracht, dass mit meinen Ratgebern auf sehr spezielle Weise neue und umfassende Lesergruppen erschlossen werden können. So hat eine meiner Leserinnen nach dem Lesen eine sechsbändige Lebensgeschichte eines jugendlichen Magiers, seiner jungen Freunde und der Zauberschule herausgebracht, eine andere wiederum hat sich mit einer mehrbändigen Vampirliebesgeschichte eine goldene Nase verdient. Beide Romanserien sind übrigens mit leidlichem Erfolg verfilmt worden. Nein, ich möchte nicht weiter darauf eingehen. Es reicht, so glaube ich jedenfalls, wenn Sie einfach mal die Danksagungen lesen, welche allerdings meinen wahren Namen listen, nicht das hier verwendete Pseudonym. Schließlich bin ich mit beiden Damen ja persönlich befreundet.

Sie wollen ernsthaft und ehrlich schreiben, was geht es Sie schon, an, wenn andere Menschen ihre Börsen mit harten Dollarstücken und die Matratzen mit weichen Euroscheinen füllen. —-Machen Sie jetzt bitte keine zweiminütige Lesepause und denken Sie bitte nicht an das erotische Rascheln von großen Geldscheinen, die Sie Ihrem Traummann oder Ihrer Traumfrau ganz beiläufig zustecken, damit Er/ Sie sich mal einige nette Sachen kauft. Denken Sie nicht daran, wie einfach es ist, andere mit Geld hörig zu machen. Denken Sie auch nicht an Ihren Traumwagen, der demnächst in Ihrer neuen Garage des neues Hauses stehen könnte. ———— Nein, Sie wollen ernsthafte Ratgeberliteratur verfassen und sich keine goldene Nase mit solcher Schundliteratur verdienen. Sehen Sie? Nein, legen Sie bitte dieses verzückte Gesicht wieder in die Mottenkiste zurück und schauen Sie ernsthaft und solide in das Harte dieser Welt.

Was hatte ich noch gleich schon im Titel des Bändchens behauptet? Sie werden hier neue Wege zum Glück finden. Aber um nun endlich zum eigentlichen Ratgeber zu kommen, muss an dieser Stelle das Vorwort schließen, auch wenn es noch so einiges Allgemeines zu sagen gäbe, was dann wohl zumindest noch kurz angerissen werden sollte. Hier aber immerhin der erste konkrete und entscheidende Tipp für Ihr Vorhaben:

Schreiben Sie ein mitreißendes Vorwort, das dem zukünftigen Leser klare Perspektiven aufzeigt, was er oder sie zu erwarten hat, bei Montage- oder Reparaturanleitungen vor allem er. Gartenratgeber können auch gelegentlich auf Vorwörter verzichten, denn hier sind vor allem hübsche Bilder, Tabellen und und und natürlich effektvolle Grafiken gefragt. Näheres hierzu entnehmen Sie bitte dem Teil VI: „Bilder Grafiken und Tabellen effektiv und vor allem effektvoll einsetzen, auch wenn du sie selbst gefälscht hast.“

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