1783 Wege zu Glück und Erfolg – oder wie man einen Ratgeber schreibt – 2.Teil

Vorwort II

Mit diesem Ratgeber für das Schreiben von Ratgebern schaffen wir einen Leitfaden, der die Schreiber durch die Tiefen und Untiefen des Verfassens führen soll, der systematisch geordnet alle wichtigen Fragen beantwortet und als roter Faden aus den labyrinthischen Gefahren der Selbstverstrickung geleiten soll und dementsprechend als allumfassender Kompass genutzt werden kann. Immer dann, wenn die Unmenge an überflüssigen Fakten und Daten sinnfällig eingegrenzt werden muss, greifen Sie zu diesem Band. Hier ist Ihnen ein Grundlagenwerk an die Hand gegeben, das sich nicht spöttisch wie Paul Watzlawicks „Anleitung zum unglücklich sein“ über den Nutzer und seine kleinen Fehler wie Ängste lustig macht, sondern ganz uneigennützig und völlig wertungsfrei (dies sei genau an dieser Stelle dick und rot unterstrichen, weil es der Wahrheit nicht nur entspricht, sondern diese geradezu apodiktisch vertritt), na gut, an dieser Stelle haben wir gerade den Faden verloren, aber Sie wissen schließlich, was wir meinen, irgendwas mit Hilfe auf jeden Fall.

Jeder Leser jedoch, der an dieser Stelle irgendeinen fadenscheinigen Hinterhalt sieht, in dem seine allgegenwärtig vermuteten Konkurrenten auf dem Buchmarkt lauern, nur um ihn in die tiefe Grube des Scheiterns zu locken, der lege dieses Bändchen genau jetzt weg und rühre es nie, aber auch sowas von nie wieder an. Punkt um oder Punktum.

Jene Jünger unserer Weisungen allerdings, die volles Vertrauen in die allumfassende Wahrheit unserer Aussagen und Kompetenz haben, vor allem bezüglich ihrer angestrebten Tätigkeit, diene dieses Buch als uneingeschränkte Einweisung, ja als einzig erfolgversprechende Offenbarung, die ihre Kraft wohl wahrscheinlich erst in den kommenden Jahrzehnten entfalten kann, wenn denn mehr und mehr Menschen unseren Geboten der inneren Vernunft folgen. Wenn Kant so eindrucksvoll behauptet, habe den Mut, dich deines Verstandes zu bedienen, so kann dies von uns nur als peinlich betrachtet werden. Freiheit birgt nur Chaos in sich, also Unglück. So also, lieber Leser, habe den Mut unseren Weisungen bedingungslos zu folgen, das birgt Ordnung, das macht glücklich.

Ja, mal ganz ehrlich, dies ist wahrscheinlich eine der wichtigsten und grundlegenden Schriften des 21. Jahrhunderts. Schon jetzt und überhaupt. Mit der Allmacht unseres absoluten Wissens betraut, weißt du, wissen Sie, hier handelt es sich um die Schrift der Schriften, den Ratgeber der Ratgeber. Erst wer dieses Handwerkszeug beherrscht, wird überhaupt Erfolg haben können. Nur dass das klar ist. So werden wir einen neuen Bund schließen, der euch zeigen wird, wie verzeihend und gnädig….

Nein, hier ist wohl der Gaul mit meinem Co-Autor durchgegangen. Ich möchte mich ganz bescheiden für die Hybris der Alleinseligmachung entschuldigen. Sie sehen schon hier, man muss sowohl beim Lesen wie Schreiben von solcherart Ratgebern verdammt genau aufpassen, dass man nicht über den Leisten gezogen wird oder es selber nicht übertreibt, denn dann wird alles doch leicht unglaubwürdig. Ratgeber sind und bleiben das, was die beiden Teile des Wortes schon sagen: sie sollen Rat geben, keine Gesetze aufstellen. Also nicht mehr und nicht weniger. Eine zweite Klippe, die irgendwie umschifft werden muss, ist die Schwierigkeit, viel zu schreiben. Auch wenn der Autor eigentlich nur wenig zu sagen hat. Viele dieser Bücher haben schließlich nur die Aussage, welche im Titel für sich eh schon gegeben ist. Wie schön wäre es doch gewesen, den Spruch „simplify your life“ einfach so stehen zu lassen, ganz offen, ohne Buch. Aber diese Chance ist vertan. Gute Ratgeber gehen einen guten Mittelweg und präsentieren auf höchstens 150 Seiten. Soviel kann auch der letzte Depp noch lesen, auch wenn er oder sie im Deutsch – Leistungskurs auf der Oberstufe des Gymnasiums jegliches Lesen von Büchern vermieden hat. Und seien wir doch mal ganz ehrlich, wer einen Ratgeber kauft, zumindest jene, die sich auf abstrakte Begrifflichkeiten beziehen, ist entweder eine Frau in den vierziger Jahren, die nun einsieht, dass sie etwas Grundlegendes ändern muss, oder ein Mann, der nicht mehr alle Tassen im Küchenschrank hat, weil sie beim letzten Wutausbruch zu Bruch gegangen sind. Ich will ja jetzt wirklich niemanden beleidigen, aber mal ehrlich, fassen Sie sich doch erst mal an die eigene Nase. Als Zwanzigjähriger werden Sie nicht eine Minute daran gedacht haben, jemals ein solches Buch zu lesen oder gar zu schreiben. Zu dieser Zeit ist vielleicht noch schwülstige Fantasyliteratur angesagt oder aber abgeschmackte Liebesromane. Da ist es auch besonders schwierig, nach altbewährter Rezeptur einen solchen achthundertseitigen Band zu verfassen, denn auch hier kann ein traditionelles Strickmuster verwendet werden, das letztlich dann wohl aus der Märchenliteraur der Gebrüder Grimm, Musäus oder ähnlichen Kulturforschern der Romantik abgekupfert und allmählich erfolgreich erweitert wurde. Der Plot eines x-beliebigen Märchens kann tatsächlich ganz problemlos zur Grundlage des üblichen Unterhaltungstrashs gewoben werden. Gewürzt mit einer ordentlichen Dosis Sex und Gewalt, ein wenig Horror und Spannung hat jede dieser Schmonzetten das Potential zum Bestseller. Aber ich schweife mal wieder ab, entschuldigen Sie.

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