Die Gespräche wecken ihre Neugier, sie öffnet klickend den Sicherheitsgurt und steigt ebenfalls aus. Niemand wird sie hier erkennen, so ganz ungeschminkt und ohne besondere Klamotten. Da braucht gar keine Sorge zu bestehen. Ist eigentlich noch niemand zu Bewusstsein gestiegen, dass wir einen ganzen Haufen A-, B- und C-Promis in unserer direkten Nachbarschaft herumlaufen haben, die einfach deshalb nicht erkannt werden, weil sie sich ganz normal kleiden? Niemand erwartet gerade dies von einem Popstar: private Normalität. Aber mal ganz ehrlich, vor den Toren der Konzerthalle kreischende Teenies ertragen zu müssen geht ja noch so gerade, aber auch noch in der Privatsphäre so einen Blödsinn zu erleben, das braucht wirklich niemand. Zumindest fast niemand. Es soll ja auch ein paar Stars geben, die sich gerade daran so aufgeilen können. Die Menschen erwarten Pomp und Luxus, Goldketten und Stretchautos, aber nicht einen verbeulten Micra, der schmutziggold in der Landschaft eiert. Schon mindestens ein Audi A8, besser noch ein Z4 oder ein Lotos in Orangegelb. Dieser Micra ist ihr ans Herz gewachsen, warum ist dabei nicht von Bedeutung, vom ersten Moment an war es eine ganz besondere Beziehung. Der Verkäufer bekam damals die Karre nicht an und ging schon deshalb ohne zu klagen auf ihr wirklich kleines Gebot ein. Dann hatte sie sich hinter das Steuer geklemmt, kurz und fast beiläufig über die Armaturen gestreichelt, hatte den Schlüssel gedreht und dieser völlig lächerliche Motor machte sein Ding. Dieses Auto macht unsichtbar, ist so albern, dass sich jeder Betrachter schon fast automatisch fremdschämt, wenn er den Blick länger auf ihm ruhen lässt.
Außerdem schaut wahrscheinlich niemand einer Frau hinterher, die mit Schlabberklamotten aus diesem Wagen steigt. Ist dann wahrscheinlich so eine Altalternative, die nicht bemerkt hat, dass die achtziger Jahre jetzt schon über zwanzig Jahre vorbei sind. Aber sie hat einfach keine Allüren, wozu auch. Hier muss sie auch niemandem etwas beweisen, sie weiß ja, was sie kann. Und die Menschen zu bannen, macht am meisten Freude, wenn man auf der Bühne steht, hört, wie die Masse einen trägt. Ihr feingezeichnetes Kinn verschwindet fast völlig in dem luftigen Tuch, welches lose um den Hals und die Schultern liegt. Ein sich ständig veränderndes Raumfeld, das den Hauch von absoluter Sanftheit verbreitet. Ohne auch noch mit aufdringlich zartem Parfum um sich schlagen zu müssen. Alles ist bei ihr zurückgenommen. Die Lippen, welche sich klar von Gesicht absetzen, haben eine unauffällige Farbe, wirken vielleicht trotz des fehlenden Lippenstiftes etwas hart konturiert, aber das ist nun mal echt. Ihre sonst sehr weiße Haut hat sich in den letzten Tagen sogar leicht ins Sommerhafte gefärbt, sehr leicht. Vor den klaren und kristallblauen Augen trägt sie eine Sonnenbrille im Look der Neunziger, nicht diese neumodischen Riesenbrillen, die jede Frau zu Puck dem Fliegenmann aus der Serie Biene Maja machen. Die junge Frau wird diese mit Sicherheit nicht absetzen, weiß inzwischen um die Wirkung ihrer Sehorgane, weiß, dass vor allem Frauen ihnen verfallen. Seltsamer Weise sind es gerade Frauen, die sich ihren Blick nicht entziehen können, nicht wollen. Die fasziniert sind und schnell zu Mitläufern werden, Freunden auf Zeit.
