XV 1

Seine Gedanken taumeln durch den Raum, lassen sich gleiten, driften ab und wollen sich nicht fassen lassen. Während das Geschehen draußen alles lähmt, kommen die Hirnzellen in Fahrt, verknüpfen sich die Synapsen zu ungewohnten Leitungsgängen. Alles verknotet sich und nirgends kann er etwas festmachen, denn nichts scheint in irgendeiner Weise solide, nur die Autos stehen fest zementiert an ihrem Ort.

Also lässt er den steuerlosen Kahn durch die endlosen Gedankengewässer schippern und ist gespannt, wo es ihn hinführt. Nein, wahrscheinlich nicht mal das, er kann nicht, hat keine Spannung in sich, alles scheint verflüssigt im Innern, alle Sekundenbruchteile scheinen zeitlos geworden durch die Hände zu rinnen. Er sieht, was draußen passiert und gleicht dies ab mit den Vorgängen, mit den Erinnerungsfragmenten, jenen Resten von Analyseleistung, deren er sich noch bedienen kann. All die Blasen der Vergangenheit, all die zunkünftigen Möglichkeiten, ein Abwägen zwischen den verstörenden Dystopien und anheimelnden Wunschbildern, die früher als Plakate von der Provinzialversicherung in regelmäßigen Abständen herausgegeben wurden. Überwundene Technik, überwucherte Städte und vor allem romantisierende Idylle. Aber was kann dies alles noch mit seiner momentanen Situation zu tun haben. All die eingeworfenen Wachmacher der letzten Stunden schlagen nun in ihr Gegenteil um und in diesem Momentum des fast Zusammenbrechens blitzen Sternenwolken zwischen den Ohren auf. Staubfontänen fegen zwischen den Straßenschluchten seiner Vorstellung und werden plötzlich weggespült. Die von Häuserdächern stürzenden Elefantenherden nach sich ziehend. Und überall sieht er Flamingoschwärme rosig aufsteigen in den Dunst der untergehenden Sonne, auch wenn es mitten am Tag ist.

 

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