Der Stau XII / III

Das zufällige Berühren zweier Hände wie Seelen ist nicht in dem Sinne schicksalhaft zu nennen, dass man von Vorsehung sprechen könnte, sondern von einem Glückszustand, nicht umsonst haben die alten Griechen für Schicksal und Glück das selbe Wort. Schicksal und Glück sind Zwillingsschwestern, die ihre innere Bindung niemals leugnen, viel weniger noch unabsichtlich vergessen werden. So gesehen gehören auch die Halbgeschwister Gelegenheit, Ergebenheit wie auch Zufall zur engeren Familie. Wer mag die genetischen Verwicklungen schon entwirren, wenn der Grundcharakter durch Mutation geprägt ist.

In der oft bespöttelten Löffelstellung legte er sich also ergeben wieder hinter sie, Gefangen von der Vorstellung, sich wieder hingeben zu wollen, sobald die Gelegenheit dazu erstehen würde. Er merkte seine Lust ganz dinglich schwellen und nahm sie fast schon schlechten Gewissens im Halbschlaf. Nein, ihre Feuchtigkeit schon hätte ihm zeigen müssen, dass sie sein tun, den nicht zu stillenden Drang in ihm genoss. Wer hat schon das fast unfassbare Glück im Zustand der absoluten Verliebtheit, die hier mit tiefer Lieber einhergeht, in den Morgen geweckt, in den Tag gehoben zu werden. Ganz entgegen der platten Symbolik einiger Filme, die immer alles ganz klar verbildlichen, dass auch jeder Depp es verstehen möge, hatten sich die Wolken bänder am himmel zur grauen wolkenmasse zusammengeschoben, unbemerkt und würden in den nächsten Stunden ihren Regenschwall auf das Land ausbringen. Wer will Liebe und graues Wetter schon mit einander in Verbindung bringen. So hatte sich die oft besungene Himmelsfarbe, die in den gemäßigten Zonen in den Mittelgebirgen und an der See niemals ganz klar zu sehen ist, immer verschleiert daher kommt, sei es wegen der vielen Wassermoleküle in der Luft, sei es wegen allgemeiner anderer Verschmutzungen durch Öfen, Verkehr und Industrie, sich schon wieder verflüchtigt, das zarte war verschwunden zugunsten der grauen Realität, die im Bett nicht gespiegelt werden wollte, sich als Zuckerwatte in den Liebesakt spielte. Der Regen wurde von der Flora ersehnt, von den Menschen auch, wenn sie nur ehrlich gewesen wären, niemand hält es in den mittleren Breiten lange ohne die Erfrischung, die Abkühlung aus, auch wenn anderes behauptet wird, auch wenn immer wieder davon ausgegangen wird, dass all die Verdrüsse und Depressionen nur eine Folge des Wetters seien. Diese Menschen glaubten dann mit Sicherheit auch daran, dass es Erdstrahlen gebe und Homöopathie tatsächlich helfe. Natürlich helfen Arnikaglobuli gegen die Verletzung eines Kindes, aber nur deshalb, weil dieses Kind durch die nicht von der Hand zu weisenden Süße abgelenkt wird.

So kann man sehen, dass alle Dinge zusammenhängen und nicht banal bei einem Thema verblieben wird, nur weil der Leser hier vielleicht der Vorstellung unterliegt, hier ginge es jetzt aber mal richtig zur Sache. Liebe, Wetter und Medizin zeigen tatsächlich innere Bezüge, wenn sie auf die Assoziationen des Menschen bezogen sind. Denn dieser macht bei seinen Gedanken keinen Halt und wird freiwillig niemals künstlich Grenzen ziehen wollen, wenn er doch weiß, dass diese Grenzen nicht der Realität entsprechen, wenn er die Freiheit des Denkens zu schätzen weiß. Wenn hier nun jemand anfängt unzufrieden zu maulen, können dort die beiden eng verschlungenen Wesen mit ihren stummen Jubelschreien, die vielleicht nur der Sensible hört, nur derjenige, der selber solche innigen Verschmelzungen erleben durfte, wahrnehmen kann. Sie finden statt, unabhängig von der Perspektive des Betrachtens, vielleicht vermuten wir sie, vielleicht aber auch haben wir das Instrumentarium entwickelt, diese Schreie der Erfüllung wahrzunehmen, sei es im Anblick, sei es, weil nicht nur die Akustik uns die Laute zuträgt, sondern das Erspüren.

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