Sie nimmt ihre Aufträge an, verwandelt diese zu dicken Wälzern, was in zehn Seiten konzentriert zu sagen wäre, wird bei ihr zu hunderten aufgebläht. Die Menschen glauben an die Größe, was dick ist an Literatur, muss auch gut sein. Nur wer dicke Bücher schreibt, der hat auch was zu sagen. Das ist ähnlich wie bei Museumskunst, was groß ist, muss auch inhaltlich groß sein, egal ob das Foto, die Malerei nichtssagend ist oder nicht. Wen interessiert das schon. Es geht um den Aha-Effekt. Mindestens 250 Seiten sollte so ein Roman schon aufbieten können, sonst hat die Leserin kaum die Möglichkeit, sich in die Figuren und ihre Probleme einzufühlen, dass dann ständige Wiederholungen passieren können, wird tunlichst überlesen, Wenn diese Redundanzen sich auf das Geschehen im Bett beziehen, ist es sowieso immer gut. Mindestens 250 Seiten banaler Gefühlsduseleien bringen immer mehr ein, als zehn Seiten konzentrierter Lyrik. Wir schwärmen zwar immer noch, das Essen sei ein Gedicht, doch konsumieren wir letztlich lieber Romane wie fettige Pommes oder Hamburger aus großen Junkfoodketten. Wir glauben an die scheinbar tiefgehenden Betrachtungen dieser Welt. Immer wieder aufgekochte Eintöpfe von letztlich simplen Gedanken über die Weltzustände. Nichts ist revolutionär, solange es selbst nicht in der Lage ist, die ausgetretenen Pfade einer Einheitskultur zu verlassen. Erst wer in den Unterwuchs abseits der weg springt, ohne Angst vor den Schrammen durch Brombeerranken, wer sich bei seinen Gedankenverwicklungen Schrammen und Verletzungen zuzieht, die Schmerzen erträgt, kann neue Literatur schaffen, hatte ihr Mentor damals gesagt. Er mag ja Recht gehabt haben, niemals aber Erfolg. Natürlich sollte jenseits des festen Wissens um die eigene Sicherheit gesucht werden, wird man dahin kommen wirklich an- und aufregend zu schrieben. Doch niemand möchte ernstlich so weit gehen. Eigentlich reicht schon das ernsthafte in die Wildnis schauen, man muss sie nicht auch noch spüren.
Sie gerät wieder in ihren Gedankenstrom und wird hieraus nicht auftauchen, bevor sie am Ziel angekommen ist. Zwischendurch macht sie sich Notizen. Unzusammenhängende Sätze, die irgendwann in einen Kontext gestellt werden. Die dann plötzlich nicht nur Sinn ergeben, sondern den Verlauf einer Geschichte entscheidend verändern.
„Der in der Lage ist, die Geister aufzuwecken, die Schwächen zu bemänteln, als wäre dies jetzt das wahre Paradies. – Nun kann ich sagen, ich habe, wir haben einen grundsätzlichen Fehler gemacht. Wir haben unsere Freunde letztlich verstoßen. – Möglichkeit: ein Kapitel über die Ver- und Entschlüsselung seit dem Mittelalter, das kommt immer gut und gibt dem Leser den Eindruck, die Figur wäre etwas ganz Besonderes. Vor allem besonders intelligent. Sendung darüber im Deutschlandfunk gehört, sollte noch zu recherchieren sein. – Zu wissen, wo man steht. Auch nach seinen 50 Jahren kann er seinen Standpunkt noch nicht sehen, er weiß nicht, was soll dieses Leben ihm bedeuten. – Sie müssen sich in die Gruppe zurück begeben, müssen lernen, sich selber zu organisieren. Vielleicht zum ersten Mal werden sie feststellen, was es heißt, die Dinge inhaltlich zu überprüfen, selbst Verantwortung zu übernehmen, selbst zu verantworten. Bei ihnen sitzt jemand aus Lima, nicht sehr interessiert an den Gesprächen, auch nicht motiviert, aber gekleidet wie eine Frau, die weiß, was dahinter steckt.“
Keinen Zentimeter hat sich der Autotross in den letzten Minuten bewegt. Weiterhin trommelt ihr Freund seine Takte auf das Lenkrad. Eigentlich sollte man glauben, er müsse unzufrieden sein, aber das täuscht. Da er sie meist nicht in seiner Nähe hat, ist er jetzt eigentlich glücklich. Neben ihr zu sitzen, auch wenn sie gar nicht anwesend ist. Dabei entstehen ihm neue Lieder, die zu Hause ausprobiert werden. Er braucht nichts zu notieren, ein Melodie, welche er einmal entwickelt hat, vergisst er nicht und wenn den Text vielleicht, so doch nicht das Thema und deswegen ist nichts verloren, sondern wird einfach weitertransformiert.