Der Stau ( V / 4)

Ja, der Mann bringt die verschiedenen Ergebnisse der Forschung geschickt zusammen. Seine Schlussfolgerung an dieser Stelle erscheint schlüssig. Denn durch das Bilden von Sätzen werden wir wohl tatsächlich in unserem Tun beeinflusst. Wenn ich mir sage, dass ein alter Mann die Treppe heruntergeht, dann werde ich tatsächlich auch selber langsamer. Obwohl das gar nicht gefordert war. Die Summe aller Denkeffekte, aller Denkhandlungen macht folglich auch eine Person aus. Ja, da mögen alle zustimmen und wahrscheinlich am liebsten hinterher brüllen, und die Person ist immer mehr als die Summe seiner Gedanken, weil die so komplex zusammenspielen, dass dem so ist. Schon hat er alle auf seine Seite gezogen. Ich blicke mich mal wieder im Auditorium um und muss feststellen, dass alle ganz betroffen sind, wie einfach sie doch funktionieren. Nur der bärtige Lehrer in der hintersten Reihe ist jetzt bereits seit einer halben Stunde in sanften Schlaf entwichen. Am Ende wird auch laut applaudieren.

Jetzt aber kommt er zu seinem eigentlichen Thema. die Herr- und Damschaften, alle eher weniger Aborigenees des Medien- und vor allem Computerzeitalters werden jetzt restlos eingehüllt von den verführerischen Formeln. Er behauptet nun also, dass das digitale Handeln und Spielen die Gehirnbildung beeinträchtigt. Ja, das ist wahrscheinlich richtig. Aber der Unterton seiner Stimme lässt uns hier schon ahnen, da kann nichts Gutes bei heraus kommen. Wer Copy und Paste betreibt, der wird zum Bildungsvakuum, unser Hirnexperte sagt, bei dem bleibt nicht hängen. Denn es sei doch ziemlich cool, ohne eigenes Wissen eine Eins zu kriegen. Ja, meine lieben Damen und Herren und jetzt wird die Keule geschwungen: Beim Googeln bleibt weniger hängen, aktives Lesen im Lehrbuch ist besser. Denn, das muss ja mal gesagt werden, Vorwissen ist schließlich der Filter, wer vorher keine Ahnung hat, hat…soziale Kontakte in der Realität … reden statt schreiben in Kürzeln…greifen und begreifen statt Bildschirmspiele…Brandender Applaus. Die Lehrerschar ist völlig aus dem Häuschen. Hurra, wir brauchen doch nicht den Umgang mit Rechnern und Internet zu lernen, wir können auf dem althergebrachten Stand verharren, die anderen machen alles falsch. Und wer etwas anderes behauptet, der hat nicht richtig zugehört, denn heute werden nicht Professoren bestochen, sondern gleich ganze Forschungsinstitute gekauft. Punkt. Und zum Schluss kommt eine kleine Abwandlung des alten Spruches mit dem Fernseher. „Computer machen Dumme dümmer!“ Den zweiten Teil hat er vorsorglich gestrichen: „Fernseher macht Schlaue schlauer.“

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