Der Stau (IV / 4)

Unsichtbarkeit verschafft manchmal eben auch Vorteile, ich gebe es ja zu. Und irgendwann habe ich gelernt auf eigenen Beinen zu stehen. Damals hatte mir mein Vater ein buch Geschenkt „Aufzeichnungen eines Unsichtbaren“. Es handelte von einem Mann, der durch einen Unfall unsichtbar wird. Das Ganze gerät natürlich zu einem Politikum und er wird fortan gejagt. Ziemlich spannende Geschichte für einen Jugendlichen wie mich damals. Der verdiente sich sein Geld dann mit Aktienspekulationen, weil er in den richtigen Büros zugehört hatte. Tatsächlich hat sich auch eine Frau in ihn verliebt. Weiß allerdings nicht mehr wie der ganze Spuk ausging. War auf jeden Fall sehr fasziniert von der Geschichte. Hatte einfach das Gefühl, da macht jemand etwas aus seiner ziemlich vertrackten Situation.

Wer unsichtbar ist, muss sich seine Ökonische suchen und anfangen zu handelt, so, dass die Anderen nichts merken und man trotzdem seinen Schnitt macht. Wer weiß, vielleicht werde ich über die Jahre einen Konzern aufbauen. Das Zeug dazu habe ich. Dann würde ich wahrscheinlich über die Flure laufen und kaum ein Angestellter würde mich bemerken oder gar wissen, wer ich bin. Dann könnte ich wie jener Märchenkönig verkleidet erfahren, was die Menschen über meinen Führungsstil denken, was sie besser machen würden. Manchmal ist es ziemlich schlau, wenn man sich die Meinung und die Erfahrung des kleinen Mannes zu Nutze macht. Die wissen manchmal besser, wie die Abläufe funktionieren und würden es normalerweise kaum weiter geben.

Habe gehört in einigen Firmen gibt es inzwischen Prämiensysteme für Effizienzverbesserungen, die von Betriebsmitgliedern vorgeschlagen werden. Irgendwann hatten sie im Radio einen Beitrag über junge Mechaniker bei einem großen Autokonzern, die sich in ihrer Freizeit zusammen getan haben und nun regelmäßig Verbesserungen in der Produktion erdenken oder auch im Umweltschutz, im Verbrauch der Rohstoffe und so weiter. Damit verdienen sie sich ein gutes Zubrot in Form von jährlichen Auszahlungen aus dem Prämienfond. Außerdem haben sie einen ziemlichen Spaß daran, die bisherigen Wege zu hinterfragen. Einige von diesen jungen Männern sind damals auch befördert worden. Dreifacher Nutzen. Nennt man dann wohl win-win-win Situation.

Ich könnte das als nicht Wahrgenommener quasi unter der Hand erfahren. Aber eigentlich ist das Einzige, was ich wirklich beherrsche der Handel, das Feilschen und das Gezerre um jeden verkaufbaren Fetzen.

Es geht wieder mal ein paar Meter weiter, immerhin.

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