entspannt

Bisher war er es gewohnt, sich früh morgens ins Auto zu werfen. Alle Gepäckmöglichkeiten wurden ausgenutzt, jede Ecke ausgestopft. Schuhe für jede Gelegenheit, anderes Zubehör, das natürlich letztlich nicht gebraucht werden sollte. Dieses Mal hat er nur leichtes Gepäck mit, ein Rollkofferchen. Oder sollte das mit Umlaut geschrieben sein? Er sucht sich einen Platz in einem Zugabteil, legt das Gepäck ins Gepäckfach, setzt sich, betrachtet die Landschaft und ist schneller als gedacht eingeschlafen. Mit dem Aufwachen läuft der Zug in Berlin ein. So entspannt ist Herr Nipp noch niemals in den Kurzurlaub gekommen.

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Heimliche Freude

Nein, ich lass mich nicht mehr treiben, ich bin nicht auf der Flucht. Das wird er später sicher schreiben, in das Buch, das er grad sucht. Er will nicht mehr und kann es nicht, wo ist denn da der Spaß? Zu dies und jenes und auch das, wenn alles wird zur Pflicht. Den eigenen Weg, man glaubt es kaum, hat er erst jetzt entdeckt, in einem halb verschlafnen Tagtraum, lag dieser gut versteckt. Alles, was bisher geschah, ist ihm nun ganz egal. Und wenn er sich das recht besieht, ist nichts mehr eine Qual. Was soll es, sagt er, jagt mich doch, macht ihr nur so weiter. Ich gehe dann, es bleibt ein Loch, doch ich zieh glücklich weiter.

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Wählerisch

Wenn er zwischen Orchideen und Tulpen zu wählen hätte, würde er Farn wählen. Zwischen Jaguar und Porsche? Ein Rad.

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reine Natur

Mit einer kleinen Gruppe ist er unterwegs. Sauerland von irgendwo in Richtung Möhnesee, das ist derjenige, der im zweiten Weltkrieg bombardiert und dessen Mauer von den Dammbusters zerstört wurde. Damals mit verheerenden Folgen für Deportierte und Bevölkerung. Heute gilt er als beliebtes Ausflugsziel. Tausende von Menschen genießen die Landschaft dort, das meist seichte Spiel der Wellen. Auf Hälfte der Strecke machen sie Pause, reden, hausen und dehnen sich. Herr Nipp hockt am Wegesrand und betrachtet die winzige Ruderalflora. Proben nimmt er zwar nicht, aber nur weil ihm Behälter fehlen. Auch einige Insekten hat er schon ausgemacht, ganz verzückt. Eine junge Frau meint mit leichtem Schalk im Lächeln, welch reinste Natur das doch hier sei und legt noch drauf, das sei ja quasi unberührter Boden. Sie beobachtet Herrn Nipp genau. Und als dieser gerade zu einem breit angelegten Widerspruch ansetzen will, prustet sie laut los. Hey, reg dich ab, sagt sie, den Vortrag über die hiesige Kulturlandschaft habe ich schon xmal von dir gehört. Ich wollte nur deine uneingeschränkte Aufmerksamkeit.

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abtauchen

alte Schallplatten auszugraben, gefällt ihm wirklich gut. Von Zeit zu Zeit fährt er auf das Land in ein kleines Dorf, dort hat sich ein Gebrauchtschallplattenhändler angesiedelt, der immer eine gute Auswahl führt. Gut 20.000 Vinyls kann man durchsuchen. Einige nach Bands sortiert, die meisten nach Kategorien wie Jazz, Pop, New Wave, Punk, Heavy Metal und Rock. Eine Kategorie heißt einfach 8oer Jahre. Dann wird sich Herr Nipp mal wieder zunächst durch die Kategorie „Neuzugänge“ oder „Neu“ wühlen, vielleicht das ein oder andere Schätzchen finden. Wie immer hat er sich ein Limit gesetzt. Nicht mehr als 30 Euro will er ausgeben. Zwischendurch trinkt er dort einen Kaffee oder isst eine Waffel, alles ganz entspannt. Und wenn er etwas gefunden hat, dann legt er die Scheibe zum Durchhören auf. Es gibt ja auch Scheiben, von denen man bisher nur gehört hatte, aber sie nicht gehört hatte. An solchen Nachmittagen taucht er ab in eine andere Welt und plötzlich sind drei oder vier Stunden verschwunden. Gut, denkt er, dass der weit draußen wohnt mit seinen Platten, da kann ich nicht so häufig reinschauen. Er zahlt lächelnd seine 50 Euro für Abtauchen in der eigenen musikalischenVergangenheit.

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