Der Kran

Seit einiger Zeit schon beobachtet Herr Nipp den Kran, der direkt vor seinem Fenster steht. Ein neues Gebäude entsteht und um die Werkstoffe zielgerichtet platzieren zu können, ist so ein Gerät das Werkzeug der Wahl. Man stelle sich vor, dass Gebäude seit altersher ohne Kräne gebaut worden wären, wahrscheinlich hätten die Baumeister alles spätestens beim dritten Stockwerk als gescheitert erklärt oder aber die Bauwerke hätten so massiv gebaut werden müssen, wie bei den Pyramiden der verschiedensten Kulturen. Er hat vor nicht allzu langer Zeit eine Doku über den Bau einer mittelalterlichen Burg geschaut, auch da wurden schon sehr effiziente Kräne eingesetzt, die mit Gegengewichten gearbeitet haben, um die Muskelkraft der Bauarbeiter zu schonen. Je länger ein Hebel, damit auch je länger der Weg, das weiß jedes Kind vom Spielplatz, desto mehr Gewicht kann gehoben werden, auch die dicksten Freunde der Kindheit durften mit wippen, dafür haben sie eben nicht auf den äußeren Plätzen gesessen oder aber auf der anderen Seite mussten mehrere andere Kinder sitzen. Ja, es gab Zeiten, da wurde Kindern im Spiel ihre physische Präsenz bewusst. Manche Kinder ließen die anderen allerdings verhungern. Das meinte, man hat das gegenüber sitzende Kind nicht wieder zu Boden gelassen. Egal. Jedem Kind, das auf einem gut ausgestatteten Spielplatz wippen lernt, kennt intuitiv auch das Hebelgesetz. Zurück in der Genwart schaut er dem Treiben da draußen weiter zu. Neben dem Kran steht ein imponierend kleiner Mann mit Fernbedienung, der tonnenschwere Materialien punktgenau auf die Baustelle steuert. Die Paletten müssen nur jeweils mit Transportbändern ein- und ausgehängt werden. Erstaunlich denkt Herr Nipp, wozu der Mensch in der Lage ist, wenn er nur als Kind wippen durfte.

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