Marian IV

Eben war ich unterwegs. Das ist ja schon ziemlich peinlich, aber ich bin wirklich gerne draußen, nur irgendwie muss ich ja auch zum Wald hinkommen. Also durch die ganze Stadt, über den kleinen Fluss, der unser Städtchen umgibt und dann ab in die Pampa. Ob man es glaubt oder nicht, aber mit einem Bestimmungsbuch sieht man in der Natur mehr. Viel mehr. Ach man, jetzt habe ich den Faden verloren, denn eigentlich wollte ich nicht darüber reden, was ich draußen mache, sondern darüber, was ich so beobachtet habe. Nämlich auf dem Weg in den Wald. Vor mir gingen drei Mädchen, sie sahen alle gleich aus. Hatten schwarze Jacken an, weiße Turnschuhe und alle hatten lange glatte Haare. Erst als ich sie überholt habe, wurde mir bewusst, dass sie aus meiner Klasse sind. Ist noch nie vorher aufgefallen, aber offenbar sehen alle gleich aus. Da gibt es nur sehr wenige Unterschiede. Unser Lehrer hat letztens gesagt, dass man die Kinder und Jugendlichen in der Schule nur noch an dem unterscheiden kann, wie sie reden. Die einen eben schlauer, die anderen dümmer. Ein anderer Lehrer meinte sogar, dass nur die Akne im Gesicht Anhaltspunkte dafür geben kann, wen man gerade vor sich hat. Das fand ich ziemlich gemein. Der soll sich mal selbst im Spiegel anschauen, dann sieht er, dass er wie jeder Lehrer aussieht. Ununterscheidbar. Alle Leute sehen eigentlich gleich aus, jeder versucht in der Masse zu verschwinden. du muss nur durch die Stadt laufen, dann siehst du es. Nur wenige Leute haben überhaupt noch den Mut, sie selbst zu sein.

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