Hund

Zwischendurch im Jahr hat er den Hund bei sich zu Hause. Mal sind es einzelne Tage, mal auch nur Stunden und von Zeit zu Zeit auch eine halbe ganze Woche. In diesen Zeiten geht Herr Nipp vier oder fünf mal am Tag spazieren. Der Leihhund muss ja fit gehalten werden. Morgens ganz früh vor der Arbeit, mittags natürlich für den Verdauungsgang, einmal nachmittags vor dem Fressen und dann wieder spät abends. Es gibt allerdings natürlich auch Tage, an denen fällt ihm nachts noch einmal ein, dass er selbst einen Spaziergang gebrauchen könnte, nachdem so viel am Tag passiert ist. Tatsächlich steht die schwarze Bestie dann sofort neben ihm und will mit. Das Halsband wird angelegt und sobald er die Tür öffnet, drängt sich der alte Hund an ihm vorbei, bleibt dann eine Weile stehen und wittert in den Morgen, den Tag oder die Nacht. Er schaut sich einmal um und senkt dann ganz leicht den Kopf und die in die Tage gekommene Dame schreitet fast würdevoll die Stufen hinab, dreht sich unten angekommen einmal kurz zu Herrn Nipp um. Fast scheint es, als sagte sie, komm. Das Herrchen auf Zeit folgt dem treuen Tier in aller Ruhe und dann macht dieses ein zwei angedeutete Sprünge und zeigt seine unbedingte Lust auf einen Spaziergang. Früher einmal war der Vierbeiner kaum zu bändigen sobald er nur das Wort „gehen“ hörte. Das ist inzwischen fast in Vergessenheit geraten. Nach diesen Hopsern allerdings geht es dann ganz gemächlich weiter. Sie hat inzwischen eine fast bewundernswerte, gelassene Langsamkeit entwickelt, die den Spaziergang taktet. Dem menschlichen Begleiter bleibt letztlich nichts anderes übrig, als sich anzupassen.
An diesem Morgen hat auch Herr Nipp Probleme mit dem Gehen, denn am vorigen Tag hatte er einen für ihn viel zu langen Dauerlauf gemacht, fast 18 km, und nun scheinen ihm die Muskeln nicht so ganz gehorchen zu wollen. Lass uns ruhen, rufen sie ihm mit jedem Schritt beständig zu. So trotten die beiden also durch den Park und er ist froh, dass ihm nur zwei mit sich selbst beschäftigte Läuferinnen begegnen. Irgendwie ist es schon fast peinlich. Zwei alte Wesenheiten schreiten gemächlich durch den Park, der früher einmal ein Friedhof war, und keiner ist dem anderen des Schleichens böse.

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