Nachtmusik

Er ist mal wieder aus einem seiner Träume aufgewacht. Keinem guten Traum, eher einem Alb, das weiß er in diesem Moment, auch dass es noch sehr früh sein muss. Doch worum es nun wirklich ging? Keine Ahnung, vielleicht ist das auch gar nicht so wichtig. Nun liegt er da, wach, das zählt, dreht sich von einer Seite auf die andere. Er findet nicht seine Position, um wieder einschlafen zu können, irgendwie stören immer wieder die Arme und natürlich das Aneinanderliegen der Beine, die Haare daran kitzeln. Vielleicht sollte er sie doch mal rasieren. Aber das nähme dann wohl kein Ende und seien wir ehrlich, eigentlich mag er meistens zumindest sogar die. In einer metrosexuellen Zeit, in der die Körper glatt zu sein haben. Aber genau das ist er nicht, nie gewesen, er will auch weiterhin zu seinen Ecken und Kanten und Dellen und Narben stehen – und eben auch den verbliebenen Haare. Seien wir ehrlich, was der Körper zu viel, das hat der Kopf zu wenig. Immer schon, in allen Bereichen, denkt er. Herr Nipp steht auf, geht ins Wohnzimmer, wo der der Ofen offenbar erloschen ist. Er zieht sich Hose und dicken Pullover an, so lässt es sich sitzen. Zu lesen hat Herr Nipp keine, aber auch so gar keine Lust. Zu Essen, zu trinken oder auf irgendwas anderes auch nicht. So zieht er seine Strümpfe und Schuhe an, die Jacke schnappt er sich, die er tags zuvor noch nachlässig über das Sofa geworfen hatte. Er steckt sich die beiden Stöpsel in die Ohren, die immer noch nicht drahtlos sind, lässt seine kleine Nachtmusik laufen, Stücke von Damon Albarn, von Blur auch und ähnlicher Musik, eine sehnsuchtsvolle Erinnerung an eine andere Zeit, die ihm irgendwie verloren ging. Dann stecken seine Füße auch schon in den Schuhen und er macht sich auf den Weg durch die nächtliche Stadt und plötzlich ist er glücklich, geht seine zehntausend Schritte, kehrt ganz zufrieden heim, ohne Ohrstöpsel jetzt, hört die ersten Vögel zwitschern, genießt die klare Morgenluft und weiß in diesem einzigarrtigen Zustand, dass er jetzt noch eine Stunde schlafen kann. Danke Damon, denkt der alte Mann.

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