Alt gegen jung

Gerne macht er bei seinen Fahrradtouren Pause an abgelegenen Bolzplätzen. Dort kann Herr Nipp immer wieder Kinder und Jugendliche beobachten, die noch wirklich Freude am Fußball haben, ja sie eifern sicher auch ihren Vorbildern nach, doch vor allem wollen sie selber spielen, in wechselnden Mannschaften, wollen jubeln und sich in den Armen liegen, wenn sie ein Tor geschossen haben.

Dieses Mal sieht er dort ein Fußballspiel zwischen Erwachsenen und ihren Kindern. Die Alten gegen die Jungen. Sie strahlen alle, versuchen sich gegenseitig auszuspielen, erschöpfen sich. Eine fast wunderbare Atmosphäre, gibt es so etwas wirklich noch in einer Zeit, in welcher eigentlich alle von einander getrennt vor ihren Bildschirmen sitzen und spielen, virtuell versteht sich.

Er kann sich noch daran erinnern, dass der Nachbarsvater früher jeden Samstag mit den gesamten Kindern der Nachbarschaft zum Fußball fuhr. Der Fordkombi wurde mit bis zu acht Kindern vollgepackt und dann ging es zum nächsten freien Sportplatz, dort wurde ordentlich gespielt. Es ging damals das Gerücht, der habe in seiner Jugend in einer bekannten Mannschaft gespielt. Tatsächlich konnte er so manche Tipps und Technicken weitergeben. Dieser Mann hatte die Hochachtung der ganzen  kindlichen Nachbarschaft.

Die Jungen zeigen sich hier agil, ständig in Bewegung, mit vielen kleinen Tricks versuchen sie die eher behäbigen Alten auszuspielen. Mit Taktik, mit einem engagierten Torwart, der offensichtlich keine Angst vor dem Ball hat, der versucht, jeden Ball zu erwischen. Jeder Ball wird erkämpft. Die Alten bauen auf Größe und Überblick, bauen auf ein solides Stellungsspiel, Stationen werden besetzt und angespielt. Allerdings werden diesen unbeweglichen Titanen die Bälle einfach flink geklaut. Völlig überrumpelt finden sich die Alten schon nach 10 Minuten bei einem soliden 1:4 Rückstand wieder. Peinlich. Sie erschienen völlig verdutzt, müssen sich ein- und umstellen, werden selbst agiler, beginnen die Statik aufzulösen und erkämpfen sich nun Bälle zurück.

Herr Nipp fühlt sich erinnert an den Kampf zwischen den alten und jungen Göttern in den Mythologien des  antiken Griechenlands. Die Jungen spielen die Elterngeneration gewitzt aus. Die Alten merken es zu spät, versuchen, können sich allerdings nicht mehr wehren und werden wohl letztlich abgesetzt und auf das Altenteil verbannt.

Aber die Tore fallen nun auch auf der Gegenseite, zum Ende steht es 6:6. Das nächste Tor soll die Entscheidung bringen. Das ist der Unterschied zwischen geregelten Spielen und solchen freundschaftlichen Angelegenheiten, wenn man erschöpft ist, beendet man das Spiel mit einem golden Goal. Einer der Jungen schießt den Ball auf das Tor, trifft einen der Herren versehentlich mit voller Wucht mitten ins Gesicht. Der steht etwas benommen auf der Linie. Der Ball kullert ins Tor.  „Sorry, Papa“

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