Stapeln

Im nahegelegenen Supermarkt hat sich Herr Nipp eine ganze Kiste voller Satsumas gekauft. 2,5 kg. Da ist wahrscheinlich genug für eine Woche drin, denkt er. Reichlich Vitamin C natürlich und vor allem mag er diesen besonderen Geschmack und das Gefühl, wenn die einzelnen Saftzellen zwischen Gaumen und Zunge zerplatzen und ihren Inhalt freigeben. Es hatte schon Tage gegeben, an denen er nichts anderes essen wollte, manchmal dann mit fatalen Folgen für die Verdauung, aber das soll an dieser Stelle nun wirklich thematisiert werden, denn wer redet schon gerne über die Verdauung, abgesehen von Ärzten vielleicht, die daraus offenbar das halbe Leben ihrer Patienten herleiten können. „Hatten Sie denn in den letzten Tagen eine gute Verdauung?“ Nein, stopp, hier und jetzt nicht, nicht abschweifén, nicht schon wieder abschweifen, einfach mal gerade heraus erzählen. Außerdem hat der Autor eigentlich gerade gar keine Zeit zu schreiben, es gäbe so viele andere wichtigen Sachen zu tun, die er nun nur wegen der Wortfügungen nach hinten schieben muss. Na egal, die Geschichte muss fertig werden. Er, also nicht der Autor, meint der Erzähler, hat also die Zitrusfrüchte aus der Holzstiege entnommen und auf den Küchenschrank gelegt, Arbeitsfläche. Schöner Kontrast zum alten gebrauchten Buchenholz. Seine Küchenoberfläche hat er sich aus ehemaligen Werkbänken gebaut, die vor der Bearbeitung ziemlich runtergerockt ausgesehen haben, aber auch das ist eine andere Geschichte, die, wie Michael Ende jetzt sagen würde, ein anderes Mal erzählt werden könnte. Daneben steht eine Specksteinschale, die er sich vor zwei Jahrzehnten bei der Auflösung eines Einrichtungsladens für wenige Mark gekauft hat. Huhu, Autor, bei der Sache bleiben, möchte der Erzähler hier rufen. Vorsichtig legt er die erste Schicht Früchte aus, eine zweite wird darauf geschichtet, eine dritte, bei der vierten purzeln einige Satsumas durch die Küche, weil die Statik des Haufens nicht richtig funktioniert. Irgendwann sieht es aber gut aus, wie in einem Werbeblatt der Supermärkte eben, er sollte ein Foto machen. aber wenn man zum Erzählen schon keine Zeit hat, dann schon gar nicht, um ein Foto zu beschreiben. Als sein Sohn hereinkommt, muss dieser natürlich aus der untersten Schicht eine Frucht nehmen. Natürlich weiß auch der, dass es sicherer wäre, eine der oberen zu nehmen, aber die unteren sind spannender und sicher auch leckerer. Ja, es kommt, wie es kommen muss.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.