Bedenkenträger

Eigentlich hat er noch nie verstanden, dass Menschen immer wieder dahin kommen, alles, was sie machen dem eigenen Bedenken zu- und unterzuordnen. Was mögen die anderen Menschen darüber denken, wenn ich dies und jenes mache und ginge es nicht irgendwie, das und das so zu optimieren, dass jene eben in keiner Weise etwas Schlechtes denken könnten? Welchen Fehler kann ich begehen bei jeder Kleinigkeit und damit auch verbunden die Problemstellung, ob es wohl Konsequenzen gibt, die wiederum mir in irgendeiner schaden könnten? Was ist gut und was ist schlecht? Es muss doch schließlich verlässliche Bewertungskriterien dafür oder dagegen geben oder nicht? Och nein, jetzt habe ich diesen Fehler ganz unbeabsichtigt gemacht, das wird aber ein wie auch immer geartetes Donnerwetter oder zumindest ein so großes Unglück nach sich ziehen, dass es nicht wieder gut zu machen ist. Selbst wenn Menschen, die auf diese Weise denken und existieren, immer nur gute Erfahrungen mit anderen Mitmenschen gemacht haben, können sie vielfach ihren Realitätsfilter nicht ausschalten und fischen das Gute aus ihrer Realität, um nur das Negative betrachten zu können. Herr Nipp ist da etwas stoischer, das muss er ja zugeben. Manchmal baut er eben echte Scheiße. Hm, hätte anders laufen können, aber was soll es denn, die anderen werden es wohl irgendwie verstehen, es sei denn, sie sind absolut perfekt. Und niemand ist das. Was soll er sich das kurze Leben, das täglich an ihm vorbeiläuft wie in Zeitraffer auch noch damit belasten, sich Gedanken über die Gedanken über die Gedanken über die Gedanken der anderen zu machen, zu einer endlosen Kette aufgelistet. Er weiß, dass ich weiß, dass er weiß, dass sie weiß, dass ich weiß, dass er weiß…Braucht niemand, flüssiger als flüssig, heiße Luft, die schnell abkühlt. Er findet es inzwischen auch eher witzig, wenn ihm ein Kollege sagt: „Das kannst du doch gar nicht!“ Das mag ja stimmen, dass er nach Meinung des Kollegen etwas nicht kann, aber er kann es eben ausprobieren, sehen, ob es vielleicht doch gelingt. Vorlesen? Ja, wird schon gehen. Daraus so etwas wie Schauspiel zu machen, wird dann wohl auch gehen, mit einem Musiker zusammen, der ebenso frei improvisiert, das muss dann einfach funktionieren! Und wenn es peinlich wird? Auf der Bühne ist nichts peinlich, peinlich wird es lediglich für die Zuschauer, die natürlich nicht ganz genau wissen, wie etwas einzuordnen ist.

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