Taube Hände

Seit Stunden steht er im Regen. Glücklicherweise scheint manchmal auch die Sonne, aber das ist nicht besonders ernst zu nehmen. Inzwischen fühlt sich alles klamm an. Obwohl die Jagd-Kleidung natürlich wasserabweisend und atmungsaktiv ist, irgendwann und irgendwo kommen eben doch einzelne Tropfen durch irgendwelche Stellen rein. Vielleicht ist auch einfach nur etwas Spritzwasser am Gesicht entlang den Hals hinuntergelaufen. Drei Stunden geht das nun schon so und er kann nicht von der Stelle weichen. „Stell dich da hin und pass auf, was da kommt!“, hatte der Freund ihm gesagt. Gesagt, getan. Irgendwann erklingt das Signal das Abbruchs, ein Jagdhorn. Während der ganzen Zeit hat er nichts gesehen. Da lief weder ein Reh, noch ein Wildschwein oder gar ein Hirsch vorbei. Noch nicht einmal irgendwelche Vögel haben sich gezeigt. Alles still. Als er zum Lagerfeuer kommt, an dem die anderen Jäger schon sinnierend oder im Gespräch stehen, merkt er, dass ihm die Hände in der Kälte taub geworden sind. An diesem Morgen hat niemand ein Stück Wild ausgemacht, aber das macht eigentlich gar nichts, Vor allem geht es darum, in der Gemeinschaft etwas zu tun, draußen zu sein. Er hält seine Hände den Flammen entgegen und vernimmt neben sich die Stimme seines Freundes. „Schön, dass du kommen konntest, das ist mir wichtig.“ Er hält ihm ein Getränk hin. Da sind die tauben Hände schnell vergessen.

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