Vitrine

Da in seinem Wohnzimmer steht eine Vitrine als Sideboard. Sehr schlichtes Stück aus den sechzigern, alles mögliche hat er darin stehen. Keine Mineraliensammlung, darüber ist er hinaus, aber viele Stücke, die er mit persönlichen Erinnerungen verbindet. Etwa das Etui einer Kollegin, die vor kurzem ganz plötzlich verstorben ist, was ihn in eine Krise gestürzt hatte, ein einfaches Stück aus Leder, das sie ihm vor einigen Jahren geschenkt hatte, damals lag ein Aufziehfüller ebenfalls aus den sechziger Jahren in dieser edlen Verpackung, heute bewahrt er alle nicht mehr getragenen Armbanduhren darin auf. Dann steht dort neben einem Service aus dem Palast der Republik, mit den Initialien PdR, eingraviert, eine Lampenfassung aus Porzellan, eine Kleinstskulptur von Andreas Krengel, zwei edelstählenre Flachmänner, ein bemalter Stein des Künstlers Karl Hosse und ein alter Locher sowie ein seltsames Werkzeug, mit dem man früher wohl Holz markiert hat. Anderer Krempel findet sich darin auch. Aber Krempel ist das tatsächlich nur für Außenstehende, für Herrn Nipp sind all dies kleine Schätze, die er mit wichtigen Erinnerungen verbindet, ja, die geradezu mit diesen aufgeladen sind. Manchmal denkt er, dieses Möbelstück müsste doch eigentlich strahlen vor Energie, aber dann fällt ihm wieder ein, dass das schon wieder glatt in Richtung Esoterik geht und damit hat er beileibe nichts zu tun.

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